Jugendprojekt in Moabit gefährdet

■ Eigentümer wollen fünf Jugendliche zwangsräumen lassen

Tiergarten. „Wir haben noch einmal eine Verschnaufpause bekommen.“ Doch Erleichterung will bei Wolfram Geisenheyner, dem Betreuer der Jugendwohngemeinschaft des „Evangelischen Klubheims“ in der Claudiusstraße 11, nicht so recht aufkommen. Daß die fünf Jugendlichen – Milena, Jessica, Helge, Weini und Christian – ihre Wohnung in Moabit räumen müssen, gilt als sicher. Nur der Zeitpunkt ist noch offen. Eigentlich sollten die fünf Jugendlichen schon am Dienstag dieser Woche auf die Straße gesetzt werden.

Doch der Gerichtsvollzieher, der im Namen der Eigentümer um halb neun Uhr morgens erschien, mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen. Er hatte zwar einen Räumungstitel der „Eigentümergemeinschaft Achenbach“ in der Tasche – der richtete sich jedoch nur gegen das Klubheim und nicht gegen die fünf Jugendlichen als Untermieter.

Nun setzt sich das juristiche Spiel fort, das seit Juli vergangenen Jahres läuft. Klubheim-Anwalt Hans Darrelmann hofft, daß erst in einem Jahr die neue Räumungsklage alle Instanzen durchlaufen hat.

Die Wohngemeinschaft in der Claudiusstraße existiert seit 13 Jahren. Ihr Ziel: Jugendlichen aus zerrütteten Familien eine Alternative zur herkömmlichen Unterbringung in Heimen zu bieten. Seitdem im Oktober 1989 drei Mietergemeinschaften das Haus kauften, ist es mit der Ruhe vorbei. Der Streit mit den Eigentümern führte schließlich bis zum Landgericht. Die Richter entschieden schließlich im Frühjahr, daß gemeinnützige Vereine als Gewerbe anzusehen sind und daher nicht unter die restriktiveren Regelungen des Kündigungsschutzes fallen. Sie hoben damit ein vorausgegangenes Urteil des Amtgerichts auf, das der Wohngemeinschaft das Recht zugesprochen hatte, den Kündigungsschutz nach dem Wohnmietrecht in Anspruch zu nehmen.

Wie es weitergehen wird mit dem Moabiter Jugendprojekt, ist derzeit noch offen. Der Bezirk Tiergarten hat der Gruppe – neben anderen möglichen Alternativen – inzwischen vorgeschlagen, in vier Wochen in eine Dreizimmerwohnung in der Lübecker Straße zu ziehen. Die aber, sagt Geisenheyner, „ist für fünf Personen nun wirklich etwas zu klein“. Die Suche der Jugendlichen geht also weiter. Severin Weiland