Scheiße im Kreuzberger „Exil“

■ Fäkalienangriff in Lokal/ Neonazi-BMW brannte im Osten

Berlin. Zum ersten Mal seit 1987 ist ein Yuppielokal in Kreuzberg wieder Opfer einer „Kübelaktion“ geworden. Am Donnerstag abend traf es das „Exil“ am Paul-Lincke-Ufer 44a, bekannt als Treffpunkt der schicken Szene. Gegen 20.10 Uhr drangen drei mit schwarzen Haßkappen maskierte Gestalten in das Lokal ein, beschimpften das Personal und die sechs anwesenden Gäste als „Schweine“ und schütteten einem 39jährigen Angestellten einen Eimer Fäkalien über den Kopf. Anschließend versprühten sie Reizgas und Buttersäure.

Vor dem Verlassen des Lokals bedienten sich die Täter noch in der Ladenkasse. Ausbeute: 450 Mark. Nach Angaben der Polizei hatten weitere Sympathisanten vor dem Eingang Wache gestanden. Dabei schlugen sie auch eine Scheibe des Lokals ein. Nach der Aktion flüchtete die Gruppe in die nahegelegene Manteuffelstraße, wo sie ein Zeuge aus den Augen verlor, so die Polizei gestern.

Zwanzig Minuten später wurden auf zwei geparkte Wagen in unmittelbarer Nähe des Lokals Brandanschläge verübt. Die Polizei konnte einen brennenden US- Schlitten der Marke „Pontiac“, der einem 40jährigen Türken gehört, noch rechtzeitig löschen. Ein zweiter Wagen der Marke „Volvo“ wurde – ebenso wie daneben geparkte Autos – erheblich beschädigt. Die Polizei sprach gestern von Schäden in Höhe bis zu 60.000 Mark.

Wie der stellvertretende Leiter des Staatsschutzes Peter Haeberer gestern erklärte, könnten die Aktionen in Kreuzberg in Zusammenhang mit früheren Anschlägen stehen, die seit Februar dieses Jahres im Bezirk verübt wurden. Damals seien mehrere Bekennerschreiben eingegangen, in denen „Bonzen raus aus dem Kiez“ gefordert wurde.

Auch in Lichtenberg, Hagenstraße 4, brannte am Freitag abend ein Wagen. Prominenter Besitzer des völlig zerstörten „BMW“ ist der im Wedding lebende Horst Winfried Arnulf Priem. Der 44jährige ist der bundesweit bekannte Führer der rechtsextremen Rocker-Truppe „Wotans Volk“ und Mitglied der „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdNF). Die Polizei vermutet, daß es sich – wie bei den Anschlägen in Kreuzberg – auch in diesem Fall um eine „politisch motivierte Tat von Linksextremisten“ handelt. Severin Weiland