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Kinkel für „stille Diplomatie“

Zum Abschluß seines China-Besuchs erklärte er, man solle wegen Menschenrechten „nicht so viel Lärm schlagen“  ■ Von Catherine Sampson

Peking (taz) – Nach dreitägigen Gesprächen mit chinesischen Politikern hat Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) gestern seinen Besuch in China abgeschlossen. Vor seiner Abreise forderte er eine Aufhebung der deutschen Wirtschaftssanktionen gegen China und betonte, die deutsch-chinesischen Beziehungen hätten sich „normalisiert“.

Kinkel ist der hochrangigste deutsche Politiker, der China seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 besucht hat. Zu Fragen der Menschenrechte in China äußerte er sich bei seiner gestrigen Pressekonferenz jedoch nur widerwillig. Statt dessen stellte er die Bedeutung einer Öffnung des chinesischen Binnenmarktes für die deutsche Wirtschaft in den Vordergrund. Schon jetzt ist die Bundesrepublik Chinas wichtigster Außenhandelspartner. Kinkel erklärte, daß er dafür sorgen wolle, das deutsche Außenhandelsdefizit mit China zu reduzieren. Er hoffe, daß die Beschlüsse des kürzlich zu Ende gegangenen Kongresses der Chinesischen Kommunistischen Partei die Voraussetzungen dafür verbessern würden. Er habe darauf gedrungen, daß China, wie geplant, sechs Airbus-Flugzeuge kaufe. Peking hatte storniert, da einer der Hersteller, Frankreich, die Lieferung von Kampfflugzeugen an Taiwan erwägt.

Kinkels Schweigen zu Fragen der Menschenrechte steht im Gegensatz zu früheren Äußerungen von Bundeskanzler Kohl. Der hatte dem chinesischen Außenminister Qian Qichen noch im März dieses Jahres bedeutet, daß erst nach einer Verbesserung der Menschenrechtslage an eine Normalisierung der Beziehungen zu denken sei. Ohne sich weiter darüber auszulassen, was sich seither in China verändert habe, erklärte Kinkel gestern nur: „Nach diesem Besuch können wir davon ausgehen, daß die Beziehungen wieder normal sind.“ Nachdem einige Journalisten nicht lockerließen, fügte er hinzu: „Die Bedingungen, die Sie erwähnen, entsprechen nicht mehr der deutschen Position.“

Noch im November letzten Jahres hatte der deutsche Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann eine Liste von 900 Personen überreicht, die nach der gewaltsamen Niederschlagung der Demonstrationen auf dem Tiananmen-Platz vermutlich verhaftet worden waren. Kinkel blieb eine Erklärung dafür schuldig, warum er in seinen Gesprächen so wenig Gewicht auf Menschenrechtsfragen legte: „Natürlich habe ich die Menschenrechte mit Premierminister Li Peng diskutiert. Aber manchmal ist es besser, stille Diplomatie zu betreiben, als eine Menge Lärm zu schlagen. Mehr möchte ich dazu im Moment nicht sagen.“ Den Einwand, andere Politiker hätten sich deutlicher zu diesem Thema geäußert, quittierte er mit der höhnischen Bemerkung: „Und was ist dabei herausgekommen?“ Auch über politische Reformen habe er mit den chinesischen Politikern nicht gesprochen: „Eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten dieses Landes steht mir nicht zu. Es ist ein Land alter Traditionen. Sie wissen selbst, wie sie sich zu verhalten haben.“

In Bonn haben die Grünen Kinkels China-Besuch scharf kritisiert. Wer Folter, Mord und politische Verfolgung im Ausland hinnehme, sei ein „nicht zu akzeptierender Faktor in Deutschland“, erklärten sie gestern.

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