■ Gastkommentar
: Vordenker Lummer

Mit der rhetorischen Frage: „Sie sind deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens. Ihre Heimat ist Israel. Ist das richtig so?“ offenbarte ein deutscher Politiker, wie schizophren das Verhältnis weiter Teile der Deutschen zu Juden ist. Diese Quasi-Feststellung des Vorsitzenden des Rostocker Innenausschusses der Bürgerschaft, Karlheinz Schmidt (CDU), betraf den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. Man tut sich schwer mit der Anwesenheit von – wenn auch noch wenigen – Juden in Deutschland nach dem Holocaust. Immerhin sind sie eine dauernde und oftmals lästige Erinnerung an die Vergangenheit. Da bietet es sich geradezu an, die Juden kurzerhand aus der deutschen Gemeinschaft auszugrenzen und zu Ausländern zu deklarieren, die sich nicht in innere Vorgänge einzumischen haben. Schließlich können sie ja jederzeit nach Israel gehen. Besser noch, sie würden es alle tun. Ausländerhaß liegt wie immer so nahe am Judenhaß. Schmierereien wie „Ausländer raus – Juden raus“ sprechen eine eindeutige Sprache.

Das tun auch Berliner Politiker wie Heinrich Lummer. Den Zentralratsvorsitzenden Bubis, der sich gegen ein verschärftes Asylrecht aussprach, forderte er kürzlich auf, alle Asylbewerber in sein (sprich jüdisches) Haus aufzunehmen, so wie Bubis uns auffordert, die Asylbewerber in unser (deutsches) Haus aufzunehmen. Das ist eine klare Ausgrenzung von Juden aus der deutschen Gemeinschaft. Im übrigen empfahl er Bubis, seine politische Position gegen die Rolle eines Kabarettisten einzutauschen, denn „nur diese dürften in Deutschland ungestraft und unbegrenzt Unsinn reden“.

Diffamierungen dieser Art und Ausgrenzungen nach Art des Rostocker Bürgerschaftsvertreters sind verbale Schützenhilfe für den brutalen Mob der Straße, der fast täglich Menschen „aufklatscht“. Heute sind es Ausländer und Flüchtlinge, die unseren Schutz suchen und verdienen, die gejagt und verfolgt werden, morgen könnten die Juden dran sein. Ron S. Zuriel

Mitglied des Direktoriums der Jüdischen Gemeinde Berlin