Vierter Rabta-Prozeß

■ Salzgitter-Manager: Ich wußte nichts

Mannheim (taz) – Der vierte Strafprozeß um die Beteiligung deutscher Firmen am Bau der Giftgasfabrik im libyschen Rabta hat am Dienstag vor dem Landgericht Mannheim begonnen. Angeklagt ist der frühere Geschäftsführer der Salzgitter Industriebau GmbH (SIG), Andreas Böhm. Die SIG hatte im Auftrag der Lahrer Imhausen-Chemie das Detail-engineering für die Kampfstoffanlage erstellt. Zur Tatzeit gehörte die SIG ebenso wie der gesamte Salzgitter-Konzern zum „industriellen Bundesvermögen“, lag also im direkten Verantwortungsbereich der Bundesregierung. In den drei bisherigen Verfahren wurden Imhausen-Chef Jürgen Hippenstiel-Imhausen sowie vier weitere Imhausen-Manager zu teilweise mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.

Dem 61jährigen Andreas Böhm wirft die Anklage vor, in den Jahren 1984 bis 1988 durch seine federführende Rolle bei der Erstellung von Fertigungsunterlagen und Computersoftware „maßgeblich an Planung und Errichtung einer Fabrik zur Herstellung der Kampfstoffe Lost, Sarin und Soman“ in Rabta beteiligt gewesen zu sein. Staatsanwalt Strobel warf dem Manager eine „breit angelegte kriminelle Zusammenarbeit“ mit Jürgen Hippenstiel-Imhausen vor. Damit habe er das Außenwirtschaftsgesetz verletzt. Jürgen Hippenstiel-Imhausen hatte in seinem Prozeß im Sommer 1990 ausgesagt, er selbst habe seinem langjährigen Geschäftsfreund Andreas Böhm bereits im Spätherbst 1984 in Hongkong mitgeteilt, daß die geplante Anlage „Pharma 150“ in Libyen errichtet werde; in Hongkong werde unter der gleichen Bezeichnung lediglich eine zweite, kleinere Fabrik zur Tarnung des Libyen-Projektes gebaut. Böhm selbst beteuert dagegen bis heute, vom wahren Verwendungszweck und dem Standort Libyen bis zum Auffliegen des Rabta-Skandals um die Jahreswende 1988/89 nichts gewußt zu haben. Eine etwas herbe Verteidigungsstrategie angesichts der Tatsache, daß bereits fünf Beteiligte verurteilt sind.

In seiner ellenlangen Einlassung, die sich nach Ankündigung seines Verteidigers Prof. Egon Müller (Saarbrücken) über zwei Tage erstrecken soll, dozierte Böhm ausführlich über die Irrungen und Wirrungen der Weltwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des Chemieanlagenbaus. Er beklagte sich über seine Vorverurteilung durch die Medien, was die Ermittlungsbehörden durch Zuspielen von Unterlagen gefördert hätten. Für den vierten Rabta-Prozeß sind 22 Verhandlungstage angesetzt; bis Februar sollen rund 45 Zeugen vernommen werden, darunter auch Böhm-Spezie Jürgen Hippenstiel-Imhausen. Th. Scheuer