Vietnamesen fürchten um ihre Zukunft

■ Beunruhigung durch Bundesverwaltungsgerichts-Urteil/ Kein Anzeichen für Straffreiheit bei Abschiebung

Berlin. Die vietnamesischen VertragsarbeiterInnen in der Stadt sind alarmiert. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, den rund 35.000 vietnamesischen Vertragsarbeitern in der Bundesrepublik keinen Abschiebeschutz zu gewähren, habe „verhängnisvolle Auswirkungen“, fürchtet die Berliner „Vereinigung der Vietnamesen“. Das Gericht hatte am Dienstag entschieden, es sei nicht mit „beachtlicher Wahrscheinlichkeit“ davon auszugehen, daß es in Vietnam zu einer Bestrafung der Gastarbeiter komme, die nicht freiwillig zurückkehrten. Dem aber widerspricht man in Berlin, wo zwischen sechs- bis zehntausend VertragsarbeiterInnen der ehemaligen DDR leben. Der Hinweis, das Urteil beziehe sich derzeit nur auf Asylbewerber, die nach dem Fall der Mauer und vor der deutschen Vereinigung nach Westdeutschland zogen, könne nicht beruhigen.

Bislang ist die Situation der vietnamesischen VertragsarbeiterInnen in Berlin deutlich besser als in Bayern, das so schnell wie möglich abschieben möchte. Berlin und die ostdeutschen Länder fordern seit Monaten mit einer Bundesratsinitiative, daß die Vertragsarbeiter auch dann hierbleiben dürfen, wenn ihr Vertrag abläuft oder der Betrieb dichtmacht. Bislang ist der Antrag mehrfach vertagt worden; der Referatsleiter bei der Berliner Ausländerbeauftragten, Christian Kayser, spricht vornehm von „größter Zurückhaltung“ der alten Bundesländer. Bis zu einer Entscheidung, so der Senat, werden VietnamesInnen nicht abgeschoben. Außerdem dürfen sie sich Arbeit suchen oder erhalten Sozialhilfe. Die meisten verzichteten darauf, einen Asylantrag zu stellen. Die Zahlen sprechen auch gegen sie: Von 6.000 Anträgen waren ganze 0,4 Prozent erfolgreich.

Eine „unheilvolle Auswirkung“ des Urteils auf die heutige Bundesratssitzung, wo der Antrag erneut auf der Tagesordnung steht, befürchtet deswegen der „Arbeitskreis gegen Fremdenfeindlichkeit“. Insbesondere die Urteilsbegründung beunruhigt die VietnamesInnen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich auf das „Reintegrationsabkommen“ zwischen der Bundesrepublik und Vietnam verwiesen, nach dem Rückkehrern Straffreiheit zugesichert werde. Einerseits sei das Abkommen von der vietnamesischen Seite bislang noch nicht unterschrieben, andererseits werde Straffreiheit ausdrücklich nur freiwilligen Rückkehrern garantiert – nicht aber Abgeschobenen. Darauf hatte eine Arbeitsgruppe des UNO-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) das Bundesinnenministerium bereits im vergangenen Sommer hingewiesen. Die Vertragsregelungen, so das UNHCR, gäben „zusätzliche Indizien für das Risiko einer Strafverfolgung im Falle einer Rückkehr“. gn