■ Ökolumne
: Amerikanischer Traum in Grün? Von Reinhard Loske

Mit der Wahl von Bill Clinton zum 42. Präsidenten der Vereinigten Staaten könnte die umweltpolitische Eiszeit der Reagan-Bush-Ära zu Ende gehen. Manches deutet auf einen solchen atmosphärischen Umschwung hin, auch wenn das Thema Ökologie im Wahlkampf selbst keine große Rolle gespielt hat.

Als Ronald Reagan 1980 vor Automobilarbeitern bekannte, für ihn sei das herabfallende Herbstlaub der Bäume ein größeres Umweltproblem als die Autoabgase, entsprach dies dem Zeitgeist und nahm sein späteres Regierungsprogramm vorweg. Nicht den Mahnungen Jimmy Carters („Global 2000“) mochte die gedemütigte Nation folgen, sondern der einfachen Botschaft des großen Kommunikators.

Zwölf Jahre später hat George Bush der Griff in die Mottenkiste antiökologischer Ressentiments nicht mehr geholfen. Ob er die von den Demokraten erwogene Klimaschutzsteuer als Plünderung der amerikanischen Familie brandmarkte, den grünen Clinton-Vize Al Gore abfällig einen „Ozon-Mann“ nannte oder prophezeite, die beiden Weltverbesserer würden ganz Amerika in ein Paradies für gefleckte Eulen verwandeln, statt Jobs zu schaffen, stets gingen seine Attacken ins Leere. Hier polemisierte jemand, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Selbst New Yorks Börsianer, traditionell eher konservativ, mochten Bush nicht mehr glauben und antworteten auf ihre Weise: an der Wall Street zogen die Kurse von Unternehmen der Umweltbranche schon vor der Wahl an.

Clinton und Gore setzen große Hoffnungen auf die Modernisierungsgewinner in der US-Wirtschaft. Nicht zu Unrecht, wie die Wahlkampfunterstützung aus dem Silicon Valley gezeigt hat. Große Würfe, wie die von Gore in seinem unlängst erschienenen Buch „Earth in The Balance“ entworfene „Strategic Environment Initiative“ (SEI), werden in der dynamischen High-Tech- Gemeinde geschätzt. Nicht an die Beerdigung des amerikanischen Traums wird hier gedacht, sondern an sein Ergrünen.Meet the Challenge!

Anders als der Hardliner Bush sprechen der gewählte Präsident und sein Vize die Sprache des ökologischen Gewinns. Für sie sind Umweltschutz und wirtschaftlicher Erfolg keine Gegner, sondern Verbündete („Green Growth“). So wird Energieeinsparung in der Wahlplattform der Demokraten nicht nur als Mittel zur Minderung von Emissionen gepriesen, sondern auch zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft, zur Senkung der amerikanischen Ölrechnung und zur Schaffung neuer Jobs. Soll heißen: Ökologie und Ökonomie gehen zusammen.

Daran, ob die Mischung aus Patriotismus, erklärter Wirtschaftsfreundlichkeit und Öko-Effizienz tragfähig ist, sind Zweifel erlaubt. Um der Hoffnung auf zügige wirtschaftliche Verbesserung zu entsprechen, könnte Clinton sehr schnell in traditionelle Politikkonzepte zurückfallen. Straßenbau als Beschäftigungsprogramm und eine gewisse Nachsicht gegenüber Umweltsündern, solange sie nur Jobs schaffen, haben seine Regierungspraxis in Arkansas geprägt. Den neuen Präsidenten nun zum ökologischen Visionär hochzustilisieren, wie die SPD dies am Tag nach der Wahl getan hat, ist vorläufig nicht gerechtfertigt.

Und dennoch: Mit Blick auf die verlorenen 80er Jahre bedeutet die Wahl von Clinton und Gore einen großen Fortschritt. Das gilt nicht nur für die Umweltpolitik im engeren Sinne, sondern auch für die ökologisch anknüpfungsfähigen Positionen: Revitalisierung der Städte, Stärkung der Bürgerrechte, Gesamtverantwortung des Staates, Bildung, Rüstungskonversion und Technologiepolitik.

In der internationalen Umweltpolitik könnte sich mit Clinton und Gore ebenfalls einiges zum Besseren wenden. Seit 1980 hat die US-Administration eine Bremserrolle eingenommen, wenn es um die Vermeidung grenzüberschreitender Luftverschmutzung, die Eindämmung des internationalen Giftmüllhandels, den Schutz der Antarktis, der Artenvielfalt und der Erdatmosphäre ging. Das Gespann aus Arkansas und Tennessee hat diesen umweltpolitischen Isolationismus stets kritisiert und statt dessen von der Notwendigkeit einer Weltumweltpolitik gesprochen.

In Zukunft ist eine neue Gewichtung vorstellbar: anders als der klassische Außenpolitiker Bush, dem globale Umweltpolitik wesensfremd blieb, könnte der Innenpolitiker Clinton, dem Amerikas Rolle als Weltordnungsmacht nicht sonderlich behagt, die Umweltaußenpolitik entdecken. Für die EG, die auf internationalem Parkett gerne die ökologische Vorreiterrolle mimt, sich aber dann faktisch hinter dem Nichtstun der Amerikaner verschanzt, gäbe es keine faulen Ausreden mehr. Europa und Amerika können jetzt in den Wettbewerb um die beste Politik zum Schutz der Erde eintreten.

Reinhard Loske ist Wirtschaftswissenschaftler und arbeitet am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie