Flaneure haben kein Gesicht

■ „Gesang von der Schönheit der Dinge“: August Macke in der Emder Kunsthalle

August Macke: Ausblick auf den Fluß, 1913Foto: Kunsthalle

Die Zeichnungen und Aquarelle von August Macke (1887-1914) sind bisher, soweit er sie vor seiner berühmten Tunis-Reise gemacht hat, kaum ausgestellt worden. Dabei geht es um mehr als 10.000 teils meisterhafte Blätter.

hierhin bitte

die Zeichnung

Seit gestern aber stellt die Kunsthalle Emden 175 solcher Arbeiten aus; ein Dutzend davon ist erstmals öffentlich zu sehen.

Mackes enorme Produktivität in kürzester Zeitspanne legte den Ausstellungsmachern ein ungewöhnliches Konzept nahe: Die Bilder sind nicht chronologisch, sondern nach Themen geordnet: Tanz, Landschaft, Akt, Elisabeth (Mackes Frau), Abstraktionsversuche, Dekoratives, Tunisreise und Spaziergänger.

Mackes Flaneurbilder führen in die heitere, unbeschwerte Sonntagswelt einer kultivierten Stadtlandschaft: Promenaden, Parks und Zoologische Gärten — bevölkert von Mackes gesichtslosem Figurenrepertoire. Männer mit steifen Hüten, Mädchen mit Schürzen.

Der Gegensatz könnte schärfer nicht sein zwischen Mackes Lustwandlern und dem großstädtischen Strandgut der Schieber und Dirnen, wie sie nur wenige Jahre später Dix oder Grosz aufs Papier brachten. Der „unpolitische“ Macke hat die Welt der hüteziehenden Familienväter, der knicksenden Töchter gerade noch rechtzeitig gebannt, bevor hinter dem Idyll die Schützengräben ausgehoben wurden.

Macke, der schon in den ersten Kriegstagen eingezogen worden war, schrieb seiner Frau Elisabeth wenige Tage vor seinem Tod: „Es ist alles so grauenhaft, daß ich Dir darüber nichts schreiben mag.“ Ganz ahnungslos war August Macke, nur wenige Wochen nach seiner Tunisreise, in die Uniform geschlüpft. Auch in seinem heitern Werk, entstanden in der „Eisenzeit“ des wilhelminischen Säbelrasselns, sind Spuren des kommenden Grauens nicht auszumachen. by

bis zum 7. Februar