■ Nachgefragt
: Zuwanderung kanalisieren

Bernd Hof vom Institut der Deutschen Wirtschaft hat ausgerechnet, wieviel Zuwanderer diese Republik pro Jahr braucht, um ihren Arbeitskräftebedarf im jahr 2007 zu decken: 300.000.

Wie kommen Sie auf die Zahl 300.000?

Hof: Um die gesamte Zuwanderungsproblematik in den Griff zu bekommen, wollte ich einen Pflock in die Landschaft rammen: Nach meinem Prognosemodell brauchen wir pro Jahr 300.000 Zuwanderer, um die demographische Lücke, die sich bei uns auftut, zu füllen: Kinder, Arbeitskräfte und Rentner.

Wieso glauben Sie, daß wir im Jahr 2007 überhaupt noch so viele Arbeitskräfte brauchen?

Ich stütze mich auf die absehbaren Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur. Wir kommen weiter weg vom klassischen industriellen Bereich und wenden uns immer mehr dem Dientsleistungsbereich zu. Das heißt, auch hochqualifizierte Tätigkeiten in abgelagerten Produktionsteilen des industriellen Bereiches, zum Beispiel die just in time-Produktion.

Welche Qualifikation müßten die Zuwanderer denn mitbringen?

Wir müssen da ein Signal setzen: Wir brauchen in den kommenden Jahren nicht mehr die Qualifikation der letzten Jahre.

Heißt das, daß die Wirtschaft auch bereit ist, ausländische Arbeitskräfte auszubilden?

Ich denke, die Wirtschaft wird ihren Ausbildungsbeitrag leisten. Nur, man kann dem Zuwanderer nicht sagen: Komm du nur, gleichgültig, welche Qualifikation du hast, ob du die Sprache beherrschst, wir übernehmen das für dich. Ich würde die Zuwanderung gern arbeitsmarktorientiert einrichten. Nehmen Sie das Beispiel der Aussiedler: So wie wir die Aussiedler arbeitsmarktpolitisch begleitet haben, das ist für mich nicht für jede Zuwanderungsgruppe vorstellbar.

Und wenn Sie die ausländischen Arbeitskräfte nicht mehr brauchen, sagen Sie ihnen: Sie können wieder nach Hause gehen?

Nein. Ich sehe Zuwanderung nicht im Sinne von Gebrauchen, und dann schicken wir sie wieder weg. Ich wünsche mir, daß wir diese Menschen dauerhaft in unseren Prozeß integrieren.

Es müßten 300.000 Zuwanderer pro Jahr sein, wenn wir stabilisieren wollen, nicht weniger und nicht mehr. Zwischen 1988 und 1991 sind 5,5 Millionen Menschen zugewandert und 2,2 Millionen gegangen. Per Saldo sind 3,3 geblieben. Wenn Sie das mit meinem Modell vergleichen, müßten wir von jetzt an die Grenzen zumachen. Ich möchte die Zuwanderung nicht sich selbst überlassen, sondern ich möchte sie stabilisieren, kanalisieren.

Das heißt kontingentieren.

Nein, ich möchte eine arbeitsmarktorientierte Zuwanderung. Ich möchte die BRD leistungsfähig halten, damit wir helfen können, Fluchtursachen zu beseitigen. Fragen: Diemut Roether