Klöckner-Hütte vor dem Aus?

■ Betriebsrat: Zusammenschluß mit holländischem Stahlkonzern gefährdet 2.600 Arbeitsplätze

„Hütte in Gefahr!“ alarmier-

ten gestern die Vertrauensleute der Klöckner-Hütte per Flugblatt ihre Belegschaft. Grund für den Aufruhr im Betriebsrat: Am Wochenende seien Pläne bekannt geworden, nach denen die beiden Bremer Hochöfen und das Stahlwerk geschlossen werden sollen — das bedeutet praktisch eine Halbierung der Hütte und damit den Verlust von etwa 2.400 Arbeitsplätzen.

Grund dieser Annahme sind Gespräche über einen Zusammenschluß von Klöckner mit dem holländischen Stahlkonzern 'Hoogovens Ijmuiden'. Sollte es zur Partnerschaft der beiden Stahlriesen kommen, so der Betriebsratsvorsitzende Peter Sörgel, bedeute das vermutlich das Aus für Klöckners Stahlproduktion. Übrig blieben dann in Bremennur noch das Kalt- und das Warmwalzwerk.„Aus der technischen Konfiguration läßt sich nichts anderes ableiten — und daß es damit praktisch zu einer Teilung des Werkes kommt, hat bisher niemand dementiert“, so Sörgel.

Der Rohstahl, der bisher im integrierten Hüttenwerk vor Ort hergestellt und im mit Millionenaufwand sanierten Walzwerk weiterverarbeitet wurde, soll von „Hoogovens“ aus den Niederlanden geliefert werden. „Betriebswirtschaftlich völliger Unsinn!“ schimpft Sörgel: „Eine Trennung des Werkes funktioniert einfach nicht — das wäre energie- und abwasserwirtschaftlich ein Unding.“ Und so vermutet der Bremer Betriebsrat, daß nicht „nur“ knapp die Hälfte der Arbeitsplätze, sondern alle 6.000 gefährdet sind.

„Das ist völlig ungerechtfertigte Panikmache!“ verlautet es derweil aus dem Duisburger Klöckner-Mutterhaus. Sprecher Bernd Krüger dementierte gestern konkrete Planungen: „In diesem fötalen-embryonalen Zustand ist eventuell über Ultraschall erkennbar, daß sich da etwas tut.“ Der Ausstieg aus der Stahlproduktion — und die entsprechenden Folgen für Bremen — „könnte ein potentielles Modell sein“, aber in der derzeitigen Stahlkrise spreche halt „jeder mit jedem“. Und denkbar sei schließlich alles. 25 Millionen Tonnen Stahl werden derzeit in der EG überproduziert — Fazit für Klöckner: „Die Kapazität muß runtergeschraubt werden. Dabei ist unausweichlich der Fall, daß wir weniger Beschäftigte haben werden. Und da wird niemand ungeschoren davonkommen“, so Krüger.

Mit dieser Version will man sich in der Bremer Hütte, einem laut Betriebsrat im Grunde wirtschaftlich arbeitenden, aber mit gut einer Milliarde Mark völlig überschuldeten Betrieb, nicht zufriedengeben: „Das kann dazu führen, daß wir plötzlich vor vollendeten Tatsachen stehen“, sagt Betriebsratsvorsitzender Sörgel und läßt durchblicken, daß die Belegschaft eine solche 'Lösung' nicht hinnehmen wird. „Das wird ein eminent lokalpolitisches Problem, und wir erwarten die Unterstützung der Landesregierung.“ Arbeitssenatorin Sabine Uhl stattete Klöckner gestern bereits einen Besuch ab.

Am Freitag werden die Vertrauensleute tagen, um Maßnahmen der Belegschaft zu diskutieren. Möglicherweise wird es Warnstreiks geben. Susanne Kaiser