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Nachschlag

■ „Catharina von Siena“ in der Probebühne Cuvrystraße

Da mußte wohl Fragment bleiben, was Fragment war. Sogar Jakob Michael Reinhold Lenz scheint die Lust an diesem seinem Drama verloren zu haben. Reden wir nicht davon. Frau liebt einen, der sie nicht liebt, läuft im Gebirge herum, soll verheiratet werden, wird christlich. Ein Fall für Klaus Michael Grüber und die Schaubühne. Das Unspielbare dauert. Dörte Lyssewski ergeht sich darin, auch wenn es nur die Probebühne an der Cuvrystraße ist, ein Blick ist ein Wort, Caroline Loebinger hilft ihr dabei am Anfang. Beide sitzen am Klavier, tippen einen Ton, dann noch einen. Ein Dorf brennt ab, eine Seele sucht ihr Heil, am Ende sitzt die Lyssewski wieder am Klavier, diesmal hilft Imogen Kogge beim Tönesuchen. Sie haben welche, immer schon gehabt, als am Lehniner Platz die gerade abgeschaffte Romantik so hingebungsvoll wie kollektiv zum langsamsten aller Leben erweckt wurde. Jahrzehnte liegt das zurück. Sind aber immer noch nicht fertig damit, jedes Wort ist ein zartes Gewicht. Und weil es die Elegie der Frauen nur störte, hat Gilles Aillaud das Bühnenbild wieder weggelassen, es bleibt beim Mauerrund der innigen Seelenversenkung, diesmal allerdings mit Löchern und einer Sprossenleiter. Fällt sie? Oh nein, Dörte Lyssewski läßt sich oben nieder, geschwächt von tausend Ohnmächten. Bestell' Er eine Kutsche, Herr Wirt. Applaus. Kritisiert wird hier schon lange nicht mehr, man wüßte nicht so recht, was zu treffen wäre unter traumverhangenen Augenlidern. Niklaus Hablützel

„Catharina von Siena“, Fragment von Jakob Michael Reinhold Lenz. Regie: Klaus Michael Grüber, mit: Dörte Lyssewski, Caroline Loebinger, Imogen Kogge, Elke Petri, Alexander Schröder Rainer Philippi. Cuvrystraße 7, 17.–20. und 27.–28.11

Nachtrag: Das gestern angekündigte Interview mit dem Fotografen Larry Clark steht heute im überregionalen Teil auf der Seite 12.

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