Der Waffenhandel mit Serbien floriert

■ Trotz UNO-Embargo konnte Serbien „neue Handelsbeziehungen zu Freunden in Osteuropa“ aufbauen/ Belgrad bezahlt mit „bosnischer Beute“/ Serben und Kroaten entwickeln gemeinsam neuen Panzer

Budapest (taz) – „Ameisen-Pipeline“ nennt man im Volksmund bereits die Europastraße 70 zwischen dem rumänischen Temeswar und der serbischen Hauptstadt Belgrad. Denn seitdem die UNO im Sommer dieses Jahres gegen Serbien ein Handelsembargo verhängte, läuft über diese Strecke die „schwarze“ Versorgung des Landes. Wer immer in Rumänien über die nötigen Beziehungen verfügt, packt sein Auto voll mit Zucker, Kaffee, Batterien, technischen Ersatzteilen und vor allem mit Dutzenden Kanistern Benzin. „Privatreisende“ mit mehreren hundert Litern Öl und Benzin im Gepäck gehören längst zum Alltag an der rumänisch-serbischen, aber auch bulgarisch-serbischen Grenze, in Bulgarien wird inzwischen wegen des Schwarzhandels bereits über Benzinmangel geklagt.

Denn die „Geschäftsreisen“ lohnen sich: pro Liter Benzin erhält man in Serbien bis zu fünf Mark, für technische Ersatzteile wird auf den serbischen Bazaren der bis zu fünffache Preis gezahlt.

Woher aber haben wiederum die Serben das notwendige „Kleingeld, um sich einen solchen Luxus zu gönnen? Glaubt man rumänischen und bulgarischen Presseberichten, so hat sich in das lukrative Handelsgeschäft in den letzten Wochen die osteuropäische und jugoslawische Mafia eingeschaltet. Diese kontrolliere die „Feierabendhändler“ und Zöllner und konzentriere sich zudem auf den Waffentransport. Nach Serbien gelangten auf diese Weise nun auch elektronisches Waffen-High-Tech, Plastikbomben und Zündungen für Handgranaten und Minen. Belgrad zahle im Gegenzug mit Raubgütern aus Bosnien und Handfeuerwaffen aus heimischer Endproduktion, die ihrerseits dann auf Märkten Osteuropas an den Mann gebracht werden.

Selbst der serbische Präsident Slobodan Milošević bestätigte letzte Woche, daß sein Land trotz UNO-Embargo „neue Handelsbeziehungen“ und „neue Freunde in Osteuropa“ gefunden habe. „Das serbische Volk wird in diesem Winter weder erfrieren noch verhungern“, ließ er vor laufenden Kameras bei einem Treffen mit hohen Militärs verkünden. Und mit einem verächtlichen Lächeln stellte er die rhetorische Frage, „wann der Westen endlich lernen werde, daß äußerer Druck die Serben stets zusammengeschweißt und eben nicht aufgerieben“ hätte. Auch jetzt sei sein Land noch lange nicht isoliert.

Womit der serbische Präsident auch mit Blick auf den „Todfeind“ Kroatien nicht unrecht hat. So basteln in der bosnisch-kroatischen Grenzstadt Bosanski Brod serbische und kroatische Ingenieure seit Monaten unbeirrt an einem gemeinsamen serbisch-kroatischen Panzerprojekt. In den Fabrikhallen des ehemals größten jugoslawischen Waffenherstellers „Djuro Djakovic“ laufen seit Monaten Kampfpanzer vom Band. Mit stiller Duldung der UNO, die sich bisher trotz des Waffenembargos für den Ex-jugoslawischen Raum, nicht um diese Waffenproduktionsstätte kümmerte. Offiziell bauen beide Seiten denn auch nur ehemalige sowjetische M-84-Panzer, die für den Export nach Kuwait bestimmt seien, nach. Wobei bezeichnenderweise weder in Belgrad noch in Zagreb in Erfahrung zu bringen ist, über welchen „Transitweg“ dieses Kriegsgerät den kuwaitischen Käufer überhaupt erreicht. Etwa über Bosnien? Roland Hofwiler