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Fin-de-siecle-Stimmung

■ Kopfstand und Pathos bei Pavement und Sonic Youth im Docks

und Sonic Youth im Docks

Erst gaben sich Amerikaner unter dem Namen Pavement auf der Bühne des Docks die langsame Kante. Das Quintett spielte Musik als unbeschleunigtes, elegantes Etwas, mit taufrischen Ideen und wie zufällig herbeigeflogenen Melodien für die beiden Gitarristen und Sänger. Mit einem Kopfstand über eine Liedlänge und präzise damit verbundenem Swing stellte der Schlagzeuger optisch und akkustisch das Aufgebot aus Spaß, Ernst und Wahrheit seiner Band nach. Das erste (Spaß) als Mischung aus Manie und Hang zum Überflug, das zweite (Ernst) scheibchenweise und das dritte (Wahrheit) als regelmäßiges Nebenprodukt. Die krachigsten psychedelischen Einlagen wechselten sich ab mit weich gestampften Breaks einer jungen Gruppe mit 500jähriger Erfahrung. Zu tun, wofür im letzten Takt schon kein Name mehr zur Verfügung stand, nur mit dem Selbstbewußtsein, zwischen Messers Schneide und kaltem Wasser erfolgreich hin- und herspringen zu können, das gelang Pavement in Songs wie „Perfume Beat“. Das Motto ihres Auftritts hätte in etwa lauten können: Jazz im Kopf wird Rock beim Spielen.

Durch die Aktivitäten der Mitglieder in Bands wie den Dim Stars und Kitten, die neue LP Dirty und ein zur Wachsamkeit gegenüber rechten Ausschreitungen aufforderndes Rundschreiben haben Sonic Youth in der jüngsten Zeit auf sich aufmerksam gemacht. Das in den letzten Jahren von unzähligen englischen und amerikanischen Bands beerbte New Yorker Quartett begann mit Noise-Einschüben der Gitarristen Thurston Moore und Lee Ranaldo. Durch Kombination dieser Geräuscheberge mit Rock- Rhythmen und einem wunderschön traurigen Pathos lieferten Sonic

Youth das kompositorische Gegenstück zur Einsamkeit zwischen Wohnzimmern und Autobahnauffahrten. Gegenüber dem Auftritt von Pavement blieb wohl den danach spielenden nichts übrig, als aus Gründen des Selbsterhalts Fin- de-siècle-Stimmung zu eigenen Gunsten zu verbreiten. Kristof Schreuf

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