Besetztes Haus schnell plattgemacht

■ Norderstedter Hausbesetzung: Nach den BesetzerInnen kam der Bagger / Statt Jugendzentrum Eigentumswohnungen

Nach den BesetzerInnen kam der Bagger / Statt Jugendzentrum Eigentumswohnungen

Und Tschüß! Norderstedts allererste Hausbesetzung fand gestern nach sechs Tagen einen friedlichen Ausklang. Zu Schaden kam nur der an der Dorfstraße 30 gelegene Altbau. Gleich nachdem die BesetzerInnen das Objekt ihrer Begierde unter Protest verlassen hatten, richtete ein bereitstehender Schaufelbagger vorsätzlich Totalschaden an, verwandelte das stolze Bauwerk in Bauschutt.

Nach Auskunft des Bönningstedter Immobilienmaklers Harry Bartsch, Besitzer des Abriß-Hauses, sollen auf dem Grundstück fünf Eigentumswohnungen entstehen. Den Bauantrag hat seine Immobilienfirma schon gestellt.

Für die Norderstedter endete mit der Ankunft des Schaufelbaggers eines der aufregendsten Live- Spektakel ihrer Stadtgeschichte. Die Lokalbeilage des Abendblatts hatte gar Hamburger Verhältnisse gewittert: „Nach Hafenstraße und Schanzenviertel nun auch die Dorfstraße in Norderstedt“.

Gestern, 13 Uhr: Die BesetzerInnen bitten zur Pressekonferenz, nachdem ihnen am Morgen ein Räumungstitel überbracht worden war, der ihr Bleiberecht bis 14 Uhr begrenzt. Sie erläutern ihre Pläne, nach denen das Acht-Zimmer-Haus zukünftig sieben wohnungslosen Jugendlichen ein Dach über dem Kopf bieten und ein Teil des Gebäudes als selbstverwaltetes Jugendzentrum genutzt werden soll. „Wir brauchen billigen Wohnraum und einen Treffpunkt in Norderstedt“, lautet ihre Forderung. Der Hamburger Sanierungsträger Stattbau hat sich bereit erklärt, mit den Behörden zu verhandeln und ein Instandsetzungskonzept zu entwickeln. „Norderstedt soll das Haus kaufen“, schlagen die ‘Eindringlinge' vor und ergänzen: „Wenn wir hier raus müssen, werden wir uns ein anderes Haus suchen“.

Kurz vor 14 Uhr gibt auch der Segeberger Polizeihauptkommisar Schettler, der sich zuvor vergeblich um eine Einladung zum Pressegespräch der BesetzerInnen bemüht hat, im Einsatzwagen seine Einschätzung der Lage zum besten. Kurz nach Ablauf der Räumungsfrist erwartet er genau 114 KollegInnen aus Segeberg und Norderstedt, die „notfalls unter Einsatz von Zwangsmitteln“ die gut zehn ‘HausfriedensbrecherInnen' aus dem Gebäude entfernen sollen. Doch noch bevor der bärtige Beamte seine Pläne detailliert erläutert hat, haben die BesetzerInnen die polizeiliche Taktik auf dem Kopf gestellt, das Haus einfach verlassen und sich unter dem Slogan „Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder — keine Frage“, zum Protestmarsch durch das Villenviertel begeben.

14.20 Uhr — der Abriß beginnt. Unter dem Schutz der 114 Beamten verwandelt der Schaufelbagger den Altbau innerhalb weniger Minuten in eine Ruine. „Was das an Steuergeldern kostet“, ist der einzige Kommentar, der den herbeigeeilten 1

2Schaulustigen über die Lippen kommt. Ein Polizist gibt dem Vertreter der Norderstedter Behörden wertvolle Tips: „Sorgen Sie doch dafür, daß alle Häuser, für die eine Abrißgenehmigung besteht, schnell plattgemacht werden — damit wir unsere Ruhe haben“. Marco Carini

Sa. 21.11, 12 Uhr: Protestdemo ab Garstedter Bahnhof