Hindernislauf bis zur Anklage

■ Der Hohe Gerichtshof tritt erstmals zusammen

Voraussetzung für die Anklage eines früheren oder aktuellen Regierungsmitgliedes ist, daß sich beide Kammern des französischen Parlaments in öffentlicher Abstimmung mit absoluter Mehrheit für die Anklageschrift aussprechen. Diese Mehrheit wird in der Nationalversammlung nur dann erreicht, wenn die sozialistischen Abgeordneten die Anklage ihrer Parteifreunde und im Fall von Fabius sogar ihres Parteichefs bejahen. Zur Zeit wird an diesem Text gefeilt, der die Namen der Beschuldigten, die ihnen zur Last gelegten Handlungen und die Straftatbestände enthalten muß. Es ist zweifelhaft, daß die Anklageprozedur noch vor den Parlamentswahlen vom März abgeschlossen werden kann. Anschließend ermittelt eine Untersuchungskommission des Obersten Gerichtshofs (Kassationshof). Sie beschließt, ob die Überweisung der Angeklagten vor den Hohen Gerichtshof gerechtfertigt ist. Der Hohe Gerichtshof, der jetzt zum erstenmal in der 5. Republik zusammentreten soll, setzt sich aus 24 Richtern zusammen, die je zur Hälfte aus der Nationalversammlung und dem Senat stammen. Damit ist Parteienproporz vorgegeben. Jeder einzelne Richter muß mit absoluter Mehrheit der Abgeordneten bzw. Senatoren gewählt werden. Vermutlich werden die 12 Richter, die am Mittwoch von der Nationalversammlung bestellt wurden, überhaupt nicht tagen. Denn die im März neuzuwählende Nationalversammlung muß auch neue Richter wählen, die voraussichtlich überwiegend von den bürgerlichen Parteien kommen werden.

Die Verhandlungen des Hohen Gerichtshofs sind in der Regel öffentlich. Nach Abschluß des Verfahrens stimmen die Richter in geheimer Wahl über die Schuld der Angeklagten ab. Falls sie mit absoluter Mehrheit auf „schuldig“ plädieren, wird sofort die Strafe beschlossen. Einspruch ist dagegen nicht möglich. Dennoch könnte sich das Verfahren gegen Fabius, Hervé und Dufoix über mehrere Jahre hinziehen. bk