Der Racket-Ritter ist zurück

■ Boris Becker wurde an seinem 25.Geburtstag Weltmeister: Im Duell der Rotschöpfe besiegt er im ATP-Finale den Weltranglisten-Ersten Jim Courier mit 6:4, 6:3 und 7:5

Frankfurt (taz) – Vor drei Monaten mußte Barbara Feltus zuschauen, wie die Olympioniken in Barcelona ihren prustenden und schnaubenden Freund Boris Becker rumjagten. Und beschloß, daß dies kein schöner Anblick sei. „Boris, ich will dich wieder siegen sehen“, sprach die Münchener Schauspielerin und hielt fortan den Daumen drauf. Schluß war mit dem Thränhardtschen Lotterleben, der Held mußte sich mit Günther Bresnick endlich wieder einen ernsthaften Trainer nehmen und üben, üben, üben.

Offenbar hat er auch noch heimlich geübt, um seine Freundin zu überraschen mit einem Geburtstagsgeschenk der besonderen Art: Der Weltmeisterschaft. Genau an seinem 25. Geburtstag, einen Tag nach dem phänomenalen Halbfinalsieg gegen Goran Ivanisevic (siehe Sportseite) bei dem ATP-Jahresfinale in Frankfurt, rückte der ausgebüchste Star am Sonntag die Tenniswelt wieder zurecht – mit einem deklassierenden 3:0-Sieg gegen den alten und neuen Weltranglisten-Ersten Jim Courier. Als Becker die Halle betrat, sangen ihm die Zuschauer ein Ständchen, als er sie verließ, war an solcherlei geordnete Aktion längst nicht mehr zu denken. Im Begeisterungstaumel rissen seine Fans die Gestecke auseinander und warfen mit Blumen, alle schrien, klatschten, stampften. Immerhin, es gab mehr zu feiern als den Geburtstag des berühmtesten Deutschen: Man bejubelte die Rückkehr des Racket-Ritters.

Denn Becker gewann nicht nur schnöde – er zeigte dem Vorjahresfinalisten, wie interessantes Tennis ausschaut. Fünfmal schon haben die beiden Rothaarigen gegeneinander gespielt, fünfmal siegte Becker. Doch noch nie vor einem derart begeisterten heimischen Publikum, noch nie an seinem Geburtstag und selten nur so klar wie am Sonntag in Frankfurt. Anscheinend hatte er es eilig, zur eigenen Geburtstagsfete zu kommen. Jeweils im als verflixt geschmähten siebten Spiel des ersten und zweiten Satzes gelang ihm ein Break, im zweiten Satz folgte noch ein weiteres. Der 4:6, 3:6-Rückstand schien Courier endlich zu wecken. Verzweifelt wehrte er sich gegen das Spiel des B.B., der sein gesamtes Repertoire an kunstfertigen Schlägen absolvierte. Besonders demütigend war das zweite Break, das Becker mit einem Überkopf- Volley-Cross schaffte. Auch zum Ende des dritten Satzes konnte Becker Couriers Aufschlag durchbrechen: Souverän verwandelte er den zweiten Matchball zum 6:4, 6:3 und 7:5-Sieg. Das einzige, was ihm an diesem Tag nicht glücken wollte, war das Ausblasen der sich immer wieder selbstentzündeten Kerzen – kleiner Gag der Turnierleitung.

Die Geburtstagstorte aber spuckte Ritter Boris wieder aus. Barbara Feltus blieb die Köstlichkeit erspart, sie biß sich ohnehin vor lauter Stolz in die Hand. Ganz nebenbei hatte ihr Freund in dieser Woche über eine Million Dollar hinzuverdient. Und Courier? Der bekam fast eine halbe Million und trug die Niederlage mit Fassung: „Was soll's: Schließlich hatte Boris Geburtstag.“ Michaela Schießl