UN-Beobachter nach Mazedonien

Sie sollen Möglichkeiten für Blauhelm-Stationierung erkunden/ Griechenland lehnt UN-Vorschlag zur Lösung der „Mazedonien-Frage“ ab/ Serben stoppen UNO-Konvoi  ■ Aus Genf Andreas Zumach

UNO-Generalsekretär Butros Butros Ghali hat in der Nacht zum Mittwoch die Entsendung von zunächst zwölf Beobachtern nach Mazedonien angekündig. Sie sollen die Möglichkeiten für eine spätere Stationierung von UNO-Friedenstruppen erkunden.

Mit dieser Maßnahme soll die Ausweitung des Balkankrieges auf die südlichste ehemalige Teilrepublik Jugoslawiens verhindert werden. Eine derartige präventive Stationierung von Friedenstruppen, wie sie bereits im Sommer letzten Jahres die Regierung in Sarajevo vergeblich für Bosnien-Herzegowina gefordert hatte, wäre die erste seit Gründung der UNO 1945.

Allerdings wäre auch mit dieser Maßnahme die Ursache für die fortschreitende wirtschaftliche, soziale und politische Destabilisierung Mazedoniens nicht beseitigt: die totale Wirtschaftsblockade durch Griechenland. Hier zeichnet sich vorerst kein Ende ab. Griechenland lehnt weiterhin eine EG- Anerkennung seines nördlichen Nachbarn unter dem Namen „Mazedonien“ strikt ab und wird darin auch von Frankreich unterstützt. Der griechische Premierminister Konstantin Mitsotakis hatte nach einer Begegnung mit Frankreichs Präsident François Mitterrand am Dienstag in Paris die Erwartung geäußert, daß die EG-Regierungschefs beim Edinburger Gipfel am 11. und 12. Dezember ihren Lissaboner Beschluß bekräftigen und ein Anerkennung Mazedoniens unter diesem Namen weiterhin verweigern.

Mitsotakis erklärte, Mitterrand habe ihn in dieser Haltung unterstützt. Diese Darstellung wurde von französischer Seite bestätigt. Damit steht Paris offensichtlich nicht mehr hinter dem Drei-Punkte-Kompromißvorschlag, den der EG-Sonderbeauftragte für Mazedonien, Robin O. Neill, noch am Montag im Namen aller zwölf EG- Partner in Athen vorgelegt hatte (siehe taz v. 23.11.) Die Pariser Regierung widersprach Informationen aus der Mitsotakis-Delegation nicht, wonach Mitterrand als Gegenleistung eine Unterstützung Griechenlands bei der Ablehnung des jüngsten Kompromisses zwischen EG und USA im Ölsaatenstreit verlangt habe.

Der griechische Premierminister gab Mitterand nach Angaben aus seiner Delegation entsprechende Zusagen.

Ghali traf seine Entscheidung ohne entsprechende Abstimmung oder auch nur eine Diskussion im Sicherheitsrat. Der Generalsekretär sprach sich lediglich mit den drei ständigen Mitgliedern USA, Großbritannien und Frankreich ab. Mit Ghalis Maßnahme betritt die UNO auch insofern Neuland, als Mazedonien bislang lediglich von acht Ländern anerkannt ist und noch keinen Status bei der UNO hat.

Bei informellen Kontakten im Vorfeld der Entscheidung haben offensichtlich auch Mazedoniens Nachbarstaaten – inklusive Serbien und Griechenland – signalisiert, daß sie keine Bedenken gegen die Entsendung der UNO-Beobachter haben.

Die Beobachter sollen unter anderem auch klären, ob die Friedenstruppen künftig an den Grenzen Mazedoniens zwecks Abschreckung einer äußeren Bedrohung stationiert oder im Inneren des Landes zur Verhinderung von gewalttätigen Konflikten zwischen verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen eingesetzt werden sollen.

Alle politischen Gruppierungen Mazedoniens teilen inzwischen die Ansicht, daß die Zusammenstöße zwischen Mitgliedern der albanischen Minderheit und staatlichen Sicherheitskräften Anfang November von außen inszeniert worden sind. Als Drahtzieher verdächtigt werden der griechische Geheimdienst und der serbo-jugoslawische Militärnachrichtendienst.

Die Vereinten Nationen haben am Mittwoch einen neuen Versuch zur Versorgung der Bevölkerung in den belagerten Städten Srebrenica und Gorazde im Osten Bosniens gestartet. Am frühen Morgen verließen zwei Lastwagen- Konvois die jugoslawische Hauptstadt Belgrad in Richtung bosnischer Grenze, wo bereits eine bewaffnete Eskorte der UNO-Friedenstruppen auf sie wartete. Wie ein Sprecher des Zagreber Büros des Flüchtlingshilfswerks der UNO (UNHCR) sagte, gab es zunächst keine Behinderungen, dann jedoch sei der Konvoi nach Srebrenica bei der von Serben kontrollierten Stadt Bratunac aufgehalten worden.

Nach UNHCR-Schätzungen halten sich in Srebrenica und Gorazde weit über 100.000 Menschen auf, die dringend auf Hilfe von außen angewiesen sind. Srebrenica ist schon seit Mai dieses Jahres ohne jegliche Versorgung, während ein Hilfskonvoi der UNO Gorazde zuletzt im September erreicht hatte. Damals hatte serbische Artillerie das Warenlager unmittelbar nach Entladung der Hilfsgüter zerschossen.

Um die Versorgung der beiden Städte zu erzwingen, hatte das UNHCR Anfang dieser Woche alle Hilfen für die serbische Bevölkerung im Osten Bosniens vorerst eingestellt. Diese hatte daraufhin erklärt, daß „unsere Frauen und Kinder keine Almosen von den Mördern ihrer Männer und Väter annehmen wollen“.