piwik no script img

■ KommentarDemokratische Waffen

Der Tot Silvio Meiers hat neben der Trauer auch Wut ausgelöst – und eine Debatte, sich zu bewaffnen, um so den rechtsextremen Gewalttätern entgegentreten zu können. Für manchen ist das längst keine Frage mehr; sie fühlen sich durch die tödlichen Stiche nur bestätigt. Im Neuen Deutschland ist gar von einer notwendigen „Bürgerwehr“ zu lesen, wobei vergessen wird, daß diese in Deutschland bisher immer gegen Links marschierte. So verständlich die Wut und der Wille, nicht zum hilflosen Opfer zu werden: Waffen sind keine Mittel für gesellschaftliche Probleme. Bewaffnete Gruppen sind genau wie Kiezpolizeien nicht in der Lage, Konflikte zu lösen. Statt aufgeputschter Stimmung ist jetzt kühles Blut gefragt. Wer bannt die Gefahr, daß nicht auch von diesen antifaschistischen Bürgerwehren willkürliche Gewalt ausgeht? So hat es bereits Übergriffe gegen Menschen gegeben, nur weil das von ihnen getragene Zeichen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft – ein rotes Kreuz – mit einem faschistischen Symbol verwechselt wurde. Eine massenhafte Bewaffnung ist eine individualistische Strategie, beherrscht vom statistischen Zufall, an welcher Straßenecke die bewaffneten Antirassisten zahlenmäßig stärker sind als ihre Gegner. Und an der nächsten Straßenecke? Ein solches Handeln wird nur dazu führen, daß Teile der Bevölkerung, die jetzt bereits aus Angst vor den Rechtsextremen wegschauen, nun auch den Linken aus dem Weg gehen werden. Unsere Waffe muß der demokratische Druck auf Polizei und Justiz sein, rechte Gewalt mit unnachgiebiger Härte zu verfolgen. Es gibt Anzeichen, daß dieser Druck erfolgreich ist. Wenn Mordanschläge als solche verfolgt werden, wenn die Täter sich nicht mehr vom Staat augenzwinkernd ermuntert fühlen, dann werden auch die Brandanschläge und Morde abrupt ein Ende haben. Dann wäre schon viel gewonnen – auch wenn das rechtsextreme Gedankengut in vielen deutschen Köpfen weiterbrodelt. In diesen Hirnen für Durchzug zu sorgen ist dann eine politische Aufgabe – Messer helfen da nicht. Gerd Nowakowski

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen