Eltern gegen Experiment

■ Die Eltern der Hirntoten: Ärzte setzten uns unter Druck

Berlin (taz) – Die Eltern von Marion P., der hirntoten Schwangeren von Erlangen, werfen den Ärzten vor, ihnen die Unterstützung des Experiments mit ihrer Tochter abgepreßt zu haben. Marion P. war künstlich beatmet worden, um den Fötus in ihr heranwachsen zu lassen. Unmittelbar nach dem „Spontanabort“ vor zehn Tagen waren die Beatmungsmaschinen abgestellt worden.

Der Stern berichtet nun, die P.s seien sieben Tage im ungewissen gehalten worden, was mit ihrer Tochter geschehen würde, obwohl man ihnen bereits am Tag des Autounfalls gesagt hatte, es bestehe „keine Chance“. Zunächst hätten Ärzte trotz der bekannten Schwangerschaft versucht, sie zur Freigabe ihrer Tochter als Organspenderin zu überreden. Die Eltern wollten ihr Kind jedoch „sterben lassen“. Die Verantwortlichen, der Chirurg Johannes Scheele und der Rechtsmediziner Hans-Bernhard Wuermeling, erklärten dem Vater schließlich, daß man die Beatmung der Tochter auch gegen den Willen der Eltern fortsetzen würde, um die Entwicklung des Fötus zu ermöglichen.

Die beiden Mediziner, so die Eltern heute, hätten ihnen klargemacht: „Wenn wir dagegen arbeiten, werden sie gerichtlich das Recht erwirken, daß wir bei der Behandlung nichts zu sagen haben, und daß dann die Folge sein könnte und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wäre, daß wir das Kind nicht kriegen würden. Wir haben es als Erpressung empfunden. Deshalb haben wir auch im Fernsehen immer so vorsichtig geredet, daß wir später keine Schwierigkeiten mit dem Sorgerecht bekommen.“ Marion P.s Mutter war „die ganze Zeit dagegen“. Doch hätte sie „das Kind später mit aller Liebe großgezogen“. Die Klinikbesuche bei ihrer Tochter überstand sie nur mit großen Mengen Beruhigungsmitteln. Noch nach dem endgültigen Tod der Tochter blieben die Eltern mißtrauisch und beauftragten das Bestattungsunternehmen zu überprüfen, ob die Leiche nicht doch seziert worden sei. Sie hatten ihre Zustimmung zur Obduktion verweigert.

Der Rechtsmediziner Wuermeling bezeichnete die Äußerungen der P.s im Stern als „angeblichen Sinneswandel“. Vor Wochen hätten sie dem Versuch „hoffnungsvoll zugestimmt“. Das Sorgerecht für das spätere Kind hätten sie im übrigen nicht verlieren können, weil sie es noch nicht besessen hätten. Wuermeling bestätigte, daß die Ärzte die Beatmung auch ohne die Zustimmung der P.s fortgesetzt hätten. Für die Pflegschaft über das Ungeborene wäre dann allerdings nicht der Vater der Toten, sondern „ein anderer Pfleger bestellt worden, das heißt, die Eheleute P. wären dann kaum die Letztentscheidenden gewesen“. Für den zuständigen Chirurgen Scheele blieb es auch nach den jüngsten Äußerungen der P.s „unverständlich“, warum sie ihre Bedenken nicht früher geäußert hätten: „Ich hatte nicht den Eindruck, daß hier jemand erpreßt wird.“ bm