Erste Verhaftung wegen Mölln

■ 25jähriger soll in der Nähe zwei Asylbewerberheime überfallen haben

Berlin (AP/taz) – Nach viertägigen Ermittlungen zu dem Mord an drei Türkinnen in Mölln befindet sich der erste Verdächtige in Untersuchungshaft. Dem 25jährigen Michael P. aus dem nur wenige Kilometer von Mölln entfernten Ort Gudow wird bislang vorgeworfen, im September Anschläge auf Asylbewerberheime in Gudow und Kollow, ebenfalls bei Mölln, sowie im mecklenburgischen Ort Pritzier bei Hagenow verübt zu haben. Das Amtsgericht Lübeck hat aufgrund dieser Beschuldigungen Haftbefehl wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen versuchten Mord und versuchte Brandstiftung erlassen.

Ermittelt wird insgesamt gegen elf Verdächtige wegen „Gründung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung“. Derzeit prüft die Bundesanwaltschaft, ob diese Gruppe auch für die Morde in Mölln verantwortlich ist.

Über die Anschläge im September veröffentlichte die Bundesanwaltschaft gestern detaillierte Informationen. Danach soll sich am 5. September eine vermummte und mit Schlaggegenständen bewaffnete Gruppe vor einem Asylbewerberheim in Pritzier vesammelt haben, um es „zu stürmen“. Angesichts des starken Polizeiaufgebots sei sie dann – nachdem sie einige Molotowcocktails in Richtung der Polizisten geworfen habe – mit einem Auto nach Gudow zum dortigen Asylbewerberheim gefahren. Um 1.45 Uhr hätten sie fünf Molotowcocktails geworfen, die aber nicht ins Innere des Heims gelangt seien. Die gleiche Gruppe habe eine Woche später erneut Brandsätze auf das Asylbewerberheim von Kollow geworfen, an deren Fertigstellung und Zündung sich der verhaftete Michael P. beteiligt habe. Zu einem Brand sei es jedoch nicht gekommen.

An der Trauerfeier für die drei in Mölln ermordeten Türkinnen, die heute in einer Hamburger Moschee stattfindet, werden neben dem türkischen Botschafter, Onur Öymen, auch Bundesaußenminister Klaus Kinkel und Arbeitsminister Blüm teilnehmen – nicht allerdings Bundeskanzler Kohl, den das Zentrum für Türkeistudien in Essen dazu aufgefordert hatte. Zu fünf Mahnminuten zeitgleich mit der Trauerfeier hat derweil die Stuttgarter Bezirksleitung der IG Metall die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie aufgerufen. „Wir nehmen den Terror nicht hin und wenden uns entschieden gegen Haß und Gewalt“, heißt es in dem Aufruf.

Bundesinnenminister Seiters wird voraussichtlich am Samstag ein Vereinsverbot gegen eine rechtsextremistische Gruppierung aussprechen. Es soll sich entweder um die „Deutsche Alternative“ oder die „Nationalistische Front“ handeln.

Mölln ist seit Sonntag nacht die Stadt der Gerüchte. Es gibt Stimmen, die behaupten, der Brandanschlag habe andere als rassistische Gründe. Für die meisten MöllnerInnen jedoch waren es die Rechten. Trauer und Demonstrationen unterscheiden die Kleinstadt in Schleswig-Holstein deutlich von Rostock nach den Lichtenhagener Brandnächten. Daß die Arslans, aus deren Familie die drei Ermordeten kommen, sich vergeblich bemüht haben, ihr Haus zu kaufen, um es sanieren zu lassen, wirft dagegen ein schiefes Licht auf die Stadt. Spielte, wie behauptet wird, nur die Finanzierungsfrage eine Rolle, oder paßte die türkische Familie doch nicht so ganz in die Backsteinidylle? Seiten 2, 4 und 10