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Schüler-Menschenketten gegen Fremden-Haß

■ Mehrere Bremer Schulen waren gestern auf der Straße: Menschenketten in der Neustadt und in Walle

Tausende von Schülern demonstrierten gestern durch Bremen und bildeten Menschenketten zum Schutz von Immigranten und Asylbewerbern. In der Neustadt endete der Zug der SchülerInnen vor den von Ausländern bewohnten Häusern am Niedersachsendamm, die Menschenkette bildete einen symbolisch schützenden Kreis. Im Bremer Westen waren zwischen Waller Friedhof und Helgolander Straße überall Schülerketten: Nach der im Soziologie-Leistungskurs am Rübekamp vor wenigen Tagen entstandenen Idee sollte die Kette bis in die Innenstadt reichen. Um Punkt 13 Uhr, als die Trauerfeier für die ermordeten Türkinnen von Mölln begann und die Glocken verschiedener Kirchen läuteten, sperrten die Schülerinnen für wenige Minuten die Kreuzung am Waller Bahnhof. „Jetzt schlägts 13“ sei die Parole, erklärte eine Schülerin von der Helgolander Straße.

Die meisten SchülerInnen waren durch ihre Lehrer erst am Donnerstag, in der Gesamtschule West erst am Freitag früh von der Aktion informiert worden. In der Helgolander Straße (Sek.I) waren am Donnerstag Informationen für die Eltern verteilt worden, die ihr schriftliches Einverständnis für die Teilnahme an der Aktion geben mußten. Rund 60 SchülerInnen hatten diese Unterschrift nicht mitgebracht. „Weil die Eltern ein bißchen rechts sind“, fand eine Mitschülerin von der Helgolander Straße. „Weil sie Angst haben“, sagte jemand anderes.

Die Diskussion um Ausländer- und Asylfragen sowie um links und rechts ist in ganz unterschiedlicher Form in den Schulklassen und Kursen angekommen. In Diskussionen in der Schule gebe es schon „Rechte“, meinte ein Teilnehmer an der Waller Menschenkette. Dies äußere sich meist aber nicht direkt, sondern nur in Meinungsäußerungen wie: „Kein Wunder, daß Häuser angezündet werden, wenn in der Asylpolitik nichts passiert“.

Solche Meinungsäußerungen sind kaum vorstellbar in Klassen wie der an der GSW, in der acht von neun Jungen Ausländer sind, die überwiegende Mehrzahl der Mädchen hingegen Deutsche. Auch in der Gesamtschule West waren einige der Schüler zurückgeblieben beim Ersatz-Unterrricht. K.W.

Ein 14 Jahre alter Schüler hat in Wilhelmshaven einen Hammer mit Hakenkreuz und einer ausländerfeindlichen Parole in die Wohnung von Asylbewerbern geworfen. Der Jugendliche gestand die Tat nach den Angaben der Polizei. Als Motiv gab er an, Spaß am „Scheiben zertrümmern“ zu haben. In einer Täterclique, zu der nach den Ermittlungen drei andere 14 und 15 Jahre alte Schüler gehören, habe sich Ausländerfeindlichkeit entwickelt.

Bei dem Anschlag war am 15. November ein Baby von Glassplittern getroffen und leicht verletzt worden. Am Tag zuvor hatte die Jugendbande nach eigenem Eingeständnis einen Stein durch ein Fenster in die Asylunterkunft geworfen.

dpa

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