ANC will bald wählen

■ Protest gegen de Klerks Wahlankündigung für März 1994

Johannesburg (taz) – Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hat einen von Präsident Frederik de Klerk vorgestellten Zeitplan für die Demokratisierung Südafrikas als „vollkommen unakzeptabel“ abgelehnt. De Klerk hatte am Donnerstag vorgeschlagen, erste demokratische Wahlen für eine Übergangsregierung und Verfassunggebende Versammlung sollten im März 1994 stattfinden. „Südafrika kann sich keine Verzögerungen in dem Prozeß leisten“, hieß es dazu in einer ANC-Erklärung.

„Die Regierung hat diesen Zeitplan mit einer ganzen Reihe von Vorgängen beladen, die gar nicht so lange dauern müssen“, sagte ANC-Generalsekretär Cyril Ramaphosa gestern. Der ANC gehe davon aus, daß Wahlen schon im September 1993 stattfinden könnten, fügte Mohammed Valli Moosa, einer der wichtigsten Unterhändler des ANC in Gesprächen mit der Regierung, hinzu.

ANC-Führer kündigten gestern auch an, daß ein seit Monaten vorbereitetes bilaterales Treffen mit der Regierung in zwei Etappen stattfinden würde. Nächste Woche werden Delegationen der beiden Seiten sich drei Tage lang an einen geheimen Ort zurückziehen. Eine zweite Runde soll Anfang Januar stattfinden. Dabei stehen die Einzelheiten des Übergangs zu einer demokratischen Regierung, darunter auch die Zeitplanung, auf dem Programm.

Über die einzelnen Etappen des Übergangsprozesses haben sich ANC und Regierung in großen Zügen geeinigt. Die derzeitige Phase der Verhandlungen soll zur Bildung eines „Vorläufigen Übergangsrates“ führen, einem Superkabinett, an dem alle Parteien beteiligt sein sollen. Der Rat soll demokratische Wahlen vorbereiten, die zur Bildung einer Verfassunggebenden Versammlung führen. Die Versammlung bildet gleichzeitig eine Übergangsregierung der Nationalen Einheit, wiederum unter Beteiligung aller Parteien, die in der Versammlung vertreten sind. Nach der Verabschiedung einer demokratischen Verfassung sollen dann nichtrassistische Wahlen stattfinden.

„Es ist ein Sieg für uns, daß die Regierung sich zum ersten Mal auf Zeitpläne festgelegt hat“, sagte Moosa. Er fügte jedoch hinzu, der Zeitplan der Regierung sei darauf angelegt, die Amtsperiode der De- Klerk-Regierung ganz ablaufen zu lassen. Das derzeit nach Rassen getrennte Parlament muß nämlich sowieso bis Anfang 1995 neugewählt werden. „De Klerk ist sich nicht sicher, daß er ein schnelles Abkommen [mit dem ANC] politisch überleben würde“, meinte Moosa.

Mitglieder von de Klerks Nationaler Partei (NP) hatten schon gegen eine erste Übereinkunft zwischen der Regierung und dem ANC Ende September scharf protestiert. Viele Beobachter glauben, daß de Klerk seinen Zeitplan jetzt angekündigt hat, um die Initiative im Verhandlungsprozeß zurückzugewinnen. Hans Brandt