Stasi entschuldigt sich bei Fink

■ Leiter der Stasi-Kirchenabteilung bestätigt, daß Fink nie IM war/ Stasi-Akten wurden bereits vor dem Mauerfall vernichtet

Berlin. Erstmals hat gestern ein Stasi-Mitarbeiter in aller Öffentlichkeit bei Heinrich Fink um Verzeihung gebeten. „Ich sehe Herrn Fink zum ersten Mal. Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen“, sagte Joachim Wiegand und wandte sich an den zwei Schritte neben ihm sitzenden Theologen. Wiegand leitete seit 1977 die Kirchenabteilung XX/4 des MfS und war damit einer der Hauptverantwortlichen für die langjährige Registrierung des Heinrich Fink als IM „Heiner“. In der Berufungsverhandlung um seine Entlassung als Humboldt-Professor geht es darum, ob Heinrich Fink wissentlich der Stasi zuarbeitete.

Der 60jährige kaufmännische Angestellte Wiegand weigerte sich, die Namen jener Informanten zu nennen, über die die Stasi Fink in der Humboldt-Universität abgeschöpft haben will. „Herr Vorsitzender, ich bin bereit, deswegen in den Knast zu gehen“, sagte Joachim Wiegand zu seiner Aussageverweigerung. In der derzeit herrschenden Hysterie um die Inoffiziellen Mitarbeiter könne er das nicht machen. Unter den IM seien viele, „die von uns mißbraucht worden sind“. Es komme aber darauf an, wie der einzelne IM gearbeitet habe. Der ehemalige Stasi- Offizier sagte, er sei bereit, „alles aufzuklären“. „Aber ich werde keinen IM aufdecken.“

Nach einem Telefonat mit seinem Anwalt erklärte sich Wiegand einverstanden, die Namen von Personen zu nennen, „die benutzt wurden, um den Vorgang Heiner mit Informationen zu versehen“. Er mache damit keine Angaben über deren Registrierung als Inoffizielle Mitarbeiter. Das Gericht verschob die Anhörung dazu auf den morgigen Mittwoch. Richter Bernd Preis bat Joachim Wiegand, er solle sich bis dahin darüber klarwerden, ob er ein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen wolle. Seit Beginn der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht herrscht Unklarheit, ob die hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS ein solches Recht auf Zeugnisverweigerung tatsächlich haben.

Nach Aussagen Wiegands hat die Kirchenabteilung der Stasi bereits im Sommer 1989 begonnen, IM-Unterlagen zu vernichten. Ähnlich hatte sich bereits in der vergangenen Woche Klaus Roßberg geäußert, der Führungsoffizier von Heinrich Fink alias „Heiner“ war. Wiegand bestätigte nun, daß er die Unterlagenvernichtung im Juni 89 toleriert habe. Im Oktober habe er seine Mitarbeiter dazu angehalten. Als der Befehl der damaligen Modrow-Regierung erging, keine Unterlagen mehr zu vernichten, „hatten wir einen Großteil schon weggebracht“, sagte Wiegand. Am Stasi-Reißwolf hätten die Mitarbeiter Schlange gestanden. „Es hat ja jeder zu tun gehabt, daß er das Zeug wegkriegt.“ Es seien aber nur die Materialien der Inoffiziellen Mitarbeiter vernichtet worden.

Morgen will das Gericht erneut Joachim Wiegand hören und damit die Zeugenvernehmungen beenden. Am 14. Dezember sollen die Parteien eine Zwischenbewertung vornehmen. cif