Stahl präsentiert Täter von Mölln

■ Mutmaßlicher Brandstifter verhaftet/ „Unmittelbarer Tatzeuge soll ihn überführt haben

Karlsruhe (taz) – Die Bundesanwaltschaft hat eine Woche nach den Mordanschlägen von Mölln einen dringend Tatverdächtigen festnehmen lassen. Es handelt sich um einen Mann aus Mölln. Wie Generalbundesanwalt Alexander von Stahl gestern auf einer Pressekonferenz mitteilte, sei gegen den 19jährigen Lars C. am Sonntag abend Haftbefehl wegen Verdachts des gemeinschaftlich begangenen dreifachen Mordes, versuchten Mordes, besonders schwerer Brandstiftung und Landfriedensbruch ergangen. Bei dem Brandanschlag auf zwei Häuser waren zwei türkische Mädchen und eine Frau getötet und neun weitere Menschen verletzt worden.

Der Bundesanwalt stützt seinen neuen Verdacht auf die Aussagen eines „unmittelbaren Tatzeugen“, der Lars C. bereits im Verlauf der letzten Woche der Brandstiftung beschuldigt hätte. Ob es sich bei dem Belastungszeugen um einen der beteiligten Rechtsradikalen oder um einen Unbeteiligten handelt, wollte Stahl nicht sagen. Die belastende Aussage habe sich im Verlauf der Ermittlungen bestätigt. Die Anschläge gingen damit eindeutig auf das Konto Rechtsradikaler. Die Bundesanwaltschaft fahndet nach noch mindestens einem Mittäter, der bisher unbekannt ist.

Nach den Erkenntnissen des Bundesanwalts soll Lars C., der der rechten Skinhead-Szene zugerechnet wird, seit September der „terroristischen Vereinigung“ um den bereits am vergangenen Mittwoch verhafteten Michael P. aus Gudow angehört haben. Er soll sich auch an einem Angriff der rechtsextremen Gruppe auf das Asylbewerberheim in Pritzier (Mecklenburg-Vorpommern) am 5. September beteiligt haben, bei dem Molotowcocktails auf Polizisten geworfen worden waren. Gleichwohl sagte Stahl gestern: „Die Tat in Mölln war die Tat von zwei Einzeltätern, nicht von einer Terroristengruppe.“

Lars C. war am 25. November schon einmal festgenommen worden, wurde aber wegen „fehlender Tatnachweise“ bis zu seiner zweiten Festnahme an seinem Arbeitsplatz am vergangenen Samstag wieder auf freien Fuß gesetzt. Lars C. hatte die Tat bestritten und bestreitet auch weiter, den Brandanschlag begangen zu haben. Am 25. November waren auch Michael P. als „Kopf“ der rechtsextremistischen Gruppe und zehn weitere Jugendliche wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung festgenommen worden.

Gegen acht Beschuldigte aus dem Kreis Hagenow, die mindestens drei Anschläge auf Asyl-Heime in Gudow, Kollow und Pritzier unternommen haben sollen, wurde Haftbefehl erlassen. Am letzten Samstag wurden zwei weitere Haftbefehle erlassen, so daß jetzt zwölf mutmaßliche Mitglieder der Gruppe um Michael P. inhaftiert sind.

Die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger prüft derzeit, ob der Bundesanwalt künftig für die Verfolgung von Rechtsextremismus in Deutschland zuständig sein soll. Nötigenfalls will sie seine Verfahrenszuständigkeiten erweitern. Bundesinnenminister Seiters schlug erneut vor, Rechtsextremisten zu begegnen, indem ihnen die Grundrechte entzogen würden. Die niedersächsische Justizministerin Alm-Merk (SPD) hält den Entzug von Grundrechten nach Artikel 18 dagegen für ein äußerst schwieriges Verfahren und bezweifelt seine Wirksamkeit. bm Seite 4