Müll und Asche verschwinden im Berg

BASF läßt Reste aus der Klärschlammverbrennung in einen thüringischen Kalischacht kippen/ Als Wirtschaftsgut deklariert, spart der Konzern Gebühren und westlichen Deponieraum  ■ Von Oliver Zelt

Berlin (taz) – Die 25 Tonnen-Silo-Lastwagen aus dem Ludwigshafener Chemiekonzern BASF haben ein neues Ziel: das kleine thüringische Dorf Unterbreizach in der Nähe von Eisenach. Dort verschwindet die Asche aus der BASF-Klärschlammverbrennung in einem leeren Kalischacht. Auch Filterstäube und Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen in Frankfurt/Main und Offenbach werden dort abgekippt – monatlich sind das durchschnittlich 1.000 Tonnen.

Was die Politiker der Landtagsfraktion Bündnis 90/Grüne als „neuen Müll-Skandal“ bezeichnen, wiegelt das Thüringer Umweltministerium ab. „Der Kalischacht werde“, so das Ministerium, „mit Reststoffen der Hausmüll- und Klärschlammverbrennung verfüllt – in der Sprache des Bergbaus: versetzt“. Ein solcher Versatz sei für die Standsicherheit des Berges wichtig. Es „handelt sich bei dem Schacht nicht um eine Deponie“, so der Sprecher des Umweltministeriums – und das, obwohl die Schlacken und Filterstäube aus den Müllöfen mit Schwermetallen und oft sogar mit Dioxin verseucht sind.

Die Mitteldeutsche Kali AG, Besitzerin des Schachtes, ist von den zunehmend protestierenden Umweltschützern genervt. In einer „Richtigstellung verschiedener Presseveröffentlichungen“ erklärt sie: „Die Stoffe sind ein bergbaulich verwertbares Wirtschaftsgut.“ Der Vorgang ist nichts grundsätzlich Neues: Unter dem Deckmantel „Wirtschaftsgut“ versuchen Müllmakler immer wieder, teure Entsorgungsgebühren zu sparen. Pestizide, Kabelschrott und Klärschlämme wanderten so in den letzten Jahren zu Hunderten Tonnen in Richtung Ex-DDR und Osteuropa.

„Die BASF ist auf uns zugekommen“, verteidigt Kali-Sprecherin Rackwitz die Einlagerungen. „Und wir brauchten für die Bergsicherheit dringend Material. Im Osten gibt es keine Anbieter.“ Außerdem werde mit der Mülleinlagerung „dem Grundanliegen der Abfallwirtschaft entsprochen, unvermeidbare Reststoffe zuerst einer Verwertung und danach erst der Entsorgung zuzuführen.“

Die billige Entsorgungsmöglichkeit im Südwesten Thüringens schont nicht nur die Deponiekapazitäten in Westdeutschland. Auch langes Warten auf positive Bescheide der Abfallbehörden entfällt auf diese Weise. Genehmigt wurden die Einlagerungen nämlich vom Bergamt Erfurt, das laut Bergrecht die zuständige Behörde ist. Und das kann Einlagerungen erlauben, ohne vorher ein Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchführen zu müssen. Für das bergamtliche Betriebsplanverfahren ist lediglich ein Probebetrieb erforderlich.

„Der Versatz“, so heißt es aus dem Umweltministerium, „ist vorläufig bis Ende 1992 genehmigt.“ Das sieht die BASF jedoch ganz anders: „Seit dem 3. November liegt nun eine unbefristete Genehmigung für die Nutzung der Asche als Füllmaterial vor.“