„Letzte Chance“ für Bosniens Moslems?

■ Die Islamische Konferenz Organisation befaßt sich auf einer Sondersitzung in Dschiddah mit Interventionsmöglichkeiten in den Krieg um Bosnien-Herzegowina

Berlin (taz) – Die Außenminister der Islamischen Konferenz Organisation (OIC) haben gestern und vorgestern im saudiarabischen Dschiddah eine Sondersitzung zum Thema Bosnien-Herzegowina abgehalten. Sie wollten über Möglichkeiten beraten, die serbische Führung in Zukunft stärker unter Druck zu setzen und die bosnische Armee endlich in die Lage zu bringen, sich gegen die serbischen Angriffe wirkungsvoll zu verteidigen. In den insgesamt 47 OIC-Mitgliedsstaaten hat sich die Empörung über den Krieg in Bosnien-Herzegowina und die Sorge über die verzweifelte Lage der dortigen moslemischen Bevölkerung verstärkt. Im Umfeld der bosnischen Regierung wurde das Treffen als „letzte Chance“ für die bosnischen Moslems bezeichnet.

Gestern wollten die Außenminister über ihre zukünftige gemeinsame Politik beschließen. Mit den Ergebnissen wurde nicht vor gestern abend gerechnet. Wie aus Kreisen politischer Beobachter in Dschiddah zu hören war, ging es in den Diskussionen vor allem um die Frage, ob man ein gemeinsames militärisches Eingreifen in Bosnien-Herzegowina mit eigenen Truppen planen soll oder ob man erneut auf den UN-Sicherheitsrat einwirken soll, eine internationale militärische Intervention zu beschließen. Einig war man sich zunächst nur darin, von der UNO eine partielle Aufhebung des Embargos gegen Ex-Jugoslawien zu verlangen, um die Voraussetzung für Waffenlieferungen an die bosnische Armee zu schaffen.

Außer König Fahd von Saudi- Arabien, der die Konferenz eröffnete, nahmen unter anderen der Präsident von Bosnien-Herzegowina, Alija Izetbegović, EG-Vermittler Lord Owen, UN-Vermittler Cyrus Vance und die UN- Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, an der Konferenz teil. Für ein direktes militärisches Eingreifen sollen sich nach Informationen politischer Beobachter zunächst vor allem die Vertreter der Türkei, Pakistans und des Iran eingesetzt haben, während die Führungen der Golfstaaten, vor allem Saudi-Arabiens, für die gemäßigte Variante eines Einwirkens auf den UN-Sicherheitsrat plädierten. König Fahd hatte am Dienstag unter anderem gefordert, daß der UN-Sicherheitsrat sich gegenüber Serbien der gleichen Sanktionsdrohungen bedienen möge, die er vor dem Beginn des Golfkrieges 1990 gegen den Irak beschloß, um einen Rückzug aus Kuwait zu erzwingen. Gestern wurde von Beobachtern mitgeteilt, daß die Vertreter der Türkei sich der saudischen Position angeschlossen hätten. Doch habe sich Cyrus Vance für eine Abschwächung der von König Fahd vorgetragenen Forderung eingesetzt. Nina Corsten