Der Urknall als Solitär

■ "Masters Of Funk And Soul" bringt ruhmreiche Erneuerer aus zwei Epochen nach Hamburg: James Brown und Soul II Soul

und Soul II Soul

Seit nun beinahe 40 Jahren pflanzt sich James Brown fort. Durch immer neue Generationen wandern seine Widersprüche, durchbluten die Inspirationen von Musikern und führen zur richtigen Zeit am richtigen Ort ergossen noch heute zu wunderbarer Musik - allerdings bei anderen (wie etwa bei Jazzie B., dem Erfinder von Soul II Soul). Der Urknall des Funk‘n'Soul liefert zu den Lektionen seiner Nachfahren noch die Folie der Erinnerung. Das Werk des mittlerweile 63jährigen ist aber bereits abgeschlossen.

Umstellt von musikalischen Superlativen und Erfahrungen von verbaler Macht hat sich James Brown in einen Solitär verwandelt, in einen Wächter des Soul-Paradieses, mit einer prall behangenen Ordensbrust. Zwar hat die „sex machine“ gerade ein neues Album erarbeitet - das 79. - aber für viele Ehrfürchtige erschien schon sein letzter Hit „Living In America“ wie ein musikalischer Todesseufzer, vielleicht aber auch wie ein Einzug in Onkel Toms Hütte, die er doch Zeit seines Lebens attackiert hat. Sein Schulterschluß mit Leuten wie Sylvester Stallone zu Rockys Kaltem-Kriegs-Fight zerbröselte doch einiges von seinem harten Image als Feind schwarzer Kompromißler. Heute genießt der „hardest working man in showbiz“ die wohlverdiente Pension eines Stars, der gefeiert wird, ohne weiter Neues leisten zu müssen (die Behauptung, man würde sein neues Album mit Spannung erwarten, ist wohl mehr Kondolenz als Überzeugung). Seine seligmachende Vergangenheit, seine persönliche Mythenschwere gepaart mit Klassikern, die anders als ihr Erzeuger nie gealtert sind, lassen dennoch massig Sehnsucht schwellen.

Nebem dem größten Erneuerer des Soul, treffen die Massen an diesem Abend auch auf den letzten: Jazzie B. von Soul II Soul. Der Londoner DJ ist der Erfinder des intelligenten Dancefloor, der einen Sound festgelegt hat, den heute eine ganze Szene britischer Musiker beherrscht - teilweise inzwischen besser, als der charismatische

1Soundbastler selbst. Er gab dem Soul eine rhythmische Flora, öffnete zu allen Seiten kleine Schleusen und ließ Material einfließen, das aus schlichter euphorischer Gebrauchsmusik kleine Kunstwerke schuf. Dabei verhalf er dem „Projekt“ als Gegenstück zur „Band“ endgültig zum Durchbruch. Sein letztes Werk Volume III Just Right

1läßt zwar nicht mehr die Münder offenstehen, erlaubt aber anhaltende Begeisterung.

Incognito schließlich haben diesen Sommer beim Jazzport-Festival zuletzt bewiesen, daß quälendes Jazz- Funk-Gedaddel mit zwei, drei erfolgreichen Cover-Hits den Wolfspelz anlegen kann. Till Briegleb

9.12., Sporthalle, 19.30 Uhr