Frühstück mit Hamlet

■ Johannes Silberschneider als Edmund Kean in den Kammerspielen

in den Kammerspielen

Was da gurgelnd, jaulend und undefinierbar aus dem Dunkel der Bühne hervorkriecht, sollte Lust auf eine Person, einen Schauspieler machen, der Zeit seines Lebens zu kurz gekommen ist: Die Rede ist von Edmund Kean, einem der bedeutendsten Shakespeare-Darsteller des 19. Jahrhunderts. Raymund Fitzsimons hat ihm ein Stück gewidmet. Allein und eitel gibt sich nun Johannes Silberschneider in der Rolle dieses Stars in den Hamburger Kammerspielen die Ehre.

Der Zuschauer findet den auf alt getrimmten Schönling zwischen Theaterklamotten in Penneraufmachung. Von Hamlet, Richard und schnattrigen Theatergeschichten weiß er, macht sich seinen Toast auf dem Bügeleisen und schlägt ge

1nußvoll sein Frühstücksei auf. Es ist eine Kinderüberraschung mit Spielzeug drin und alle lachen wie zum Kasperletheater. Nur, weil Hamlet aus dem Ei gezaubert wird?

Seicht gelbes Licht fällt auf den Mann, der so gern Narr, Aussätzigen und Greis spielen will. Aber all die Marotten eines alten Theaterhasen kippen um in dilettantisches Nachgeäffe. Was soll denn nun Kean für einer sein? Silberschneider und Fritzsimon können sich nicht entscheiden und konstruieren nur eine überflüssige Kean-Requisite. Gehts um die Tragikkomödie eines Darstellers, der mißbraucht vom Theater ein Prostituierten-Opfer omnipotenter Regie wurde? Oder suhlt sich der alte Kean in Narzißmus, kokettiert immer aufs Neue

1mit Erfolgen und Mißerfolgen? Die Rolle zeigt jeweils nur die Illustration des einen oder anderen.

Durchgestaltet wird nichts. Die erste Variante, Kean als heruntergekommener Narr, verkümmert zur Spitzweg-Idylle vom armen Poeten. Die zweite Version, Kean als eitler Schauspieler, eine Tuntenshow par excellence, bleibt hilfloser Versuch flockigen Entertainments. Alle Töne, die zuvor an Gustav Gründgens erinnerten, sind verschwunden. Silberschneider spielt nun Musketier und Schwulendekadenz zugleich. Vergeblich. Auch die Musikeinlage, ein Rap- Duo auf „Bull-Shit“ mit einem zeitgenössischen Mann in Schwarz, schafft nur vorübergehenden Genuß. Am Ende ist Kean wieder Star, kein Hund, kein Narr. Eine zähe, langweilige Premiere mit Gags für den gepflegten Bürger. Nein Danke. Katrin Meyer