Hindus greifen die Moschee in Ayodhya an

■ Polizei erwartete Schießbefehl

Ayodhya (AFP) – Radikale Hindus haben gestern in Ayodhya im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh den seit Tagen befürchteten Angriff auf die Moschee aus dem 16.Jahrhundert begonnen. Tausende stürmten das Gelände der Moschee, kletterten mit Hämmern, Schwertern und Enterhaken bewaffnet auf die drei Kuppeldächer und bewarfen Polizisten von dort aus mit Steinen. Auf den Kuppeln zogen sie zunächst ihre safranfarbenen Flaggen hoch. Eine der Kuppeln brachten sie anschließend zum Einsturz.

Die rund 15.000 zum Schutz der Moschee nach Ayodhya beorderten Uniformierten traten zunächst den Rückzug an. Nach letzten Berichten waren knapp 400.000 Freiwillige in die Heilige Stadt gereist, um sich an der seit Jahren vorbereiteten Errichtung eines Hindu- Tempels anstelle der Moschee zu beteiligen. Bei dem Sturm auf die Moschee gab es offenbar zahlreiche Verletzte.

Das lokale Einsatzkommando der Polizei wartete nach eigenen Angaben auf Anordnungen, das Feuer auf die Moschee-Stürmer zu eröffnen. Hindu-Fanatiker griffen auch die zahlreichen anwesenden Journalisten an: Filmausrüstungen wurden zerschlagen, eine Gruppe von 300 Journalisten umzingelt. In den vergangenen beiden Jahren waren bei Auseinandersetzungen um das Kultgelände Hunderte von Menschen getötet worden.

Ein Rat von 110 hinduistischen Geistlichen hatte am Samstag nochmals den umstrittenen Plan bekräftigt, am Sonntag den Bau des Tempels zu beginnen. Er sollte nach einstimmig gefaßter Empfehlung des Hindu-Rates auf dem Gelände der bestehenden Moschee errichtet werden, ohne das moslemische Gotteshaus direkt in Mitleidenschaft zu ziehen. Nach Auffassung der Hindus ist die Moschee auf den Trümmern einer Hindu- Kultstätte für den Gott Rama errichtet worden. Das Oberste Gericht Indiens hatte den von den Hindu-Führern geforderten Abriß der Moschee am vergangenen Wochenende verboten.