»Stern«-Prozeß: Freispruch gefordert

„Es kann nicht angehen, daß Herr Jantosch (Einsatzleiter, d. Red.) entscheidet, wer als Journalistin tätig sein darf und wer nicht. Solchen Auswüchsen der Polizeimacht ist Einhalt zu gebieten.“ Mit diesem Appell an Amtsrichterin Nicola Lübke-Detring schloß Verteidiger Axel Hagedorn gestern sein Freispruch-Plädoyer im Prozeß gegen die Journalistin Margit Czenki. Die Filmerin ist wegen Hausfriedensbruchs und Widerstands angeklagt. Sie hatte am 16. Oktober 1990 bei der Hafenstraßen-Aktion in der Stern-Redaktion die Polizeimaßnahmen gefilmt und sich nicht freiwillig der Beschlagnahme ihres Filmmaterials gebeugt. Zuvor hatte Polit-Staatsanwalt Mauruschat 5600 Mark Geldstrafe gefordert. Da Czenki gefilmt habe, sei sie als Sympathisantin anzusehen und habe sich damit der Beihilfe zum Hausfriedensbruch schuldig gemacht.

In dem Verfahren geht es um eine komplizierte Rechtsfrage. Zwar steht verwaltungsrechtlich außer Frage, daß Festnahme und Beschlagnahme an sich rechtswidrig waren. Dennoch steht zur Disposition, ob sich die Filmerin nicht dennoch vor Ort der Polizeimaßnahme hätte unterwerfen müssen.

Czenki habe nur ihre Kamera festgehalten und um Hilfe gerufen, bis Anwalt Jens Waßmann interveniert habe, so Hagedorn. Daher habe sie sich korrekt verhalten. Gegenteilige Darstellungen der Polizisten könnten durch ein Video widerlegt werden. kva