Dem Problem nicht gerecht geworden-betr.: "Wer Rechts hilft, bekommt Prügel von Links", Artikel über Angriffe gegen den Leiter eines Projekts in der Pfarrstraße, taz vom 30.11.92

betr.: „Wer Rechts hilft, bekommt Prügel von Links“, Artikel über Angriffe gegen den Leiter eines Projekts in der Pfarrstraße

taz vom 30.11.92

Der genannte Artikel schafft es nicht, dem Problem gerecht zu werden. Da schreibt Wildt, der Sozialdiakon „berichte“, die Hausbesetzer aber „behaupten“ – mit dieser feinen sprachlichen Unterscheidung werden Aussagen des Diakons zu „Tatsachenberichten“, die der Besetzer zu „Schutzbehauptungen“. Schlimmer noch im Inhalt: Der Brandanschlag auf den Skinclub „Wurzel“ wird kommentarlos in die Begriffe auf das Diakonsprojekt eingereiht – der senatsgeförderte Skinclub veranstaltete vor dem Anschlag ein Straßenfest „nur für deutsche Kinder“ mit dem Auftritt eines Rechtsradikalen im Braunhemd samt nazistischer Rede – vom Sozialarbeiter später völlig unangemessen als „Ausrutscher“ beziehungsweise „Entgleisung“ verharmlost. Dazu in der taz kein Wort. Den „Behauptungen“ der Pfarrstraßenbesetzer glaubt Wildt offenbar nicht – muß auch in Lichtenberg erst ein Besetzer erstochen werden oder einer Schülerin ein Hakenkreuz ins Gesicht geschnitten werden, bis Ihr rechte Gewalt zur Kenntnis nehmt?

Als Arzt habe ich 1988 in Bochum einen jungen Mann ins Krankenhaus aufgenommen, dem rechte Skins eine Schädelbasisfraktur mit Stiefeltritten zugefügt hatten, dem bewußtlosen Opfer hatten sie „White Power Wattenscheid“ auf die Stirn tätowiert. Für Jugendliche gilt der rechtsstaatliche Schutz seit Jahren nicht mehr.

Bevor Eure Autoren die Berichte angegriffener linker Jugendlicher oder Besetzer nicht ernst nehmen oder rechtsradikale Manifestationen – wie vom Club „Wurzel“ – gar nicht erst erwähnen, sollten sie sich mit dem Ausmaß nazistischer Gewalt vertraut machen.

Sonst betreibt Ihr die Gleichsetzung faschistischer Gewalt und linker Gegengewalt, die niemanden schützt. Dr.P.Brehmer, Berlin