Eros heißt die frohe Botschaft

■ Das Wintertheater auf Kampnagel sorgt zwischen den Jahren für warme Gedanken

auf Kampnagel sorgt zwischen den Jahren für warme Gedanken

„Weihnachten ist kein Verhängnis mehr“, versprechen Hans Man in't Veld und Michael Batz, die Organisatoren des Wintertheaters auf Kampnagel, das sie rund um das erwärmende Thema Eros drapierten. Vom 25. bis zum 29. Dezember verführt ein facettenreiches Programm dazu, in geheizten Fabrikhallen künstlerische und menschliche Reibung zu suchen. Wer geplant hat, zwischen den Jahren im Bett zu bleiben, riskiere einen Blick ins Programm und prüfe, ob es nicht doch lohnt, unter der Decke hervorzukriechen.

Recht dezent hebt der erotische Reigen mit dem Chansonabend Red nicht davon, wie toll Du küßt von Monty Arnold und Rainer Bielfeldt an (25.12.). Mit Erotischen Filmnächten zeigt sich das Alabama erstmals in seiner künftigen neuen Heimat mit Frank Ripplohs Pädagogensex-Klassiker Taxi zum Klo, Un Chant d'Amour von Jean Genet und dem Kurzfilmprogramm Mann-o-Meter (25.12.). Der zweite Festtag gehört zunächst zwei durchtriebenen Solisten. Lutz von Rosenberg- Lipinski droht: Nur über meine Verhältnisse, und stimmgewaltig läßt sich Nessi Tausendschön, die sich mit Charme und Schnauze den Titel einer „richtigen Bühnensau“ verdiente, unter dem Titel Kami&Kaze zu Chansons egocentriques hinreißen. Nicht weniger mit ihrem Ego zu kämpfen haben die „ganz normalen“ Lothar Lambert-Stars in Du Elvis, Ich Monroe, Kurzfilme gibt's bis in die Puppen (26.12.).

Keine Zeit allein zu bleiben finden Herrchens Frauchen. Ein Potpourri aus Spitzennnummern bieten sie am 26.12. in Halle 6. Der Erlös ist für die Hamburger Lighthouse-Initiative, die ein Hospiz für AIDS- Kranke aufbaut.

Echte Männer tun sich für die Lesung am 27.12. zusammen: Wiglaf Droste, Ernst Kahl, Michael Stein und Fritz Tietz huldigen der Möse Böse, oder: Was könnten Männer mit Sex zu tun haben? Heart and Soul zu stärken, treten am selben Abend Inga Rumpf und die Nils Gessinger Band an. Wie sie das machen? Mit kleiner Band, Gefühl und Liebesliedern, mehr nicht. Daß Erotik auch auf Platt anmacht, zeigt Gerd Spiekermann am 27.12., wenn er seine Geschichten Kiek mol ‘n beten to auf Platt vorliest. Es gilt der Bezirksbonus: Jarre-Städter zahlen nur fünf Mark.

Härter geht es beim Grotesktanz der in New York geläuterten Performance-Künstlerin Bridge Markland zu: Karl und das Monster im Strickkleid (28.12.). Mit der Macht der Wörter betört Hamburgs Lyriker Nummer eins Peter Rühmkorf, begleitet von Michael Naura am Klavier und Wolfgang Schlüter am Vibrafon: Außer der Liebe nichts. Kultursenatorin und Kampnagel-Saniererin Christina Weiss mußte ihren Auftritt am 29.12. aus Termingründen absagen. Nun lesen unter dem Titel Chez Christine Überraschungsgäste wie Barbara Nüsse, Christian von Richthofen, Mariola Brillowska und andere aus Erotika. Eine Party schließt sich an, auf der wie an jedem Abend viel Gelegenheit zum Plaudern oder schmutzigen Gesprächen ist. jk