Virtuose Leichtigkeit

■ Cecilia Bartoli gab ih erstes Hamburger Konzert in der Musikhalle

gab ihr erstes Hamburger Konzert in der Musikhalle

Die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli gilt als der neue Star am Gesangshimmel, und sie hat höchste Erwartungen nicht enttäuscht. Die 26jährige Römerin, an internationalen Häusern wie der der Mailänder Scala oder der Pariser Bastilleoper bereits bestens bekannt, betrat am Freitag zum ersten Mal Hamburger Bühnenparkett. Und sie sang weitgehend Unbekanntes. Von ihrem Lieblingskomponisten Rossini waren Lieder und Arien zu hören, die in den üblichen Best-of-Collections nicht auftauchen.

Rossinis Lieder entstanden oft noch in der Zeit, als sich der weltberühmte Komponist nach 38 Erfolgsopern fast völlig aus dem Musikleben zurückgezogen hatte. Aus der von Cecilia Bartoli getroffenen Auswahl bestachen besonders die in verschiedenen Stilen komponierten Versionen desselben Textes („Mi lagnero tacendo“ - Still will ich beklagen - von Pietro Metastasio). Beifallsstürme gab es für eine mit grenzenlosem Esprit gesungene spanische Canzonetta. Über diese Stücke hätte man aus dem fünf Mark teuren Programmheft gern etwas erfahren, doch hier beschränkte man sich auf das stupide Abdrucken der Liedtexte.

Zwei Opernarien Rossinis wurden - unterstützt von György Fischers pointierter Klavierbegleitung - so plastisch vorgetragen, daß man die fehlenden Kulissen und Akteure vor Augen zu sehen meinte. Der unumgängliche Vergleich mit der legendären Maria Callas ist natürlich längst gezogen worden: vielleicht berechtigt, denn wie die Callas verkörpert Cecilia Bartoli ihr Repertoire in völliger Hingabe. Rossini und Mozart stehen bisher - auch auf CD - im Mittelpunkt, demnächst will sie sich verstärkt französischen Komponisten wie Ravel, Berlioz und Debussy widmen.

Ihre zugleich sinnliche, klare und äußerst flexible Stimme ist kein Produkt akrobatischer Stimmschu-

1lung, sondern ein Naturtalent, das nur privaten Unterricht der Mutter erfuhr. Virtuoseste Koloraturen fließen so leicht dahin, als ob es nie etwas einfacheres im Leben gegeben hätte.

Die Hamburger ließen sich zu unhanseatischen Temperamentsausbrüchen hinreißen und wurden mit sechs Zugaben belohnt, begleitet von Blumenstraußorgien, die ebenso lang waren wie nach dem Konzert die Schlangen vor der Künstlergarderobe. Ludwig Seyfarth