Extrawürstchen für Dänemark

■ Edinburgher EG-Gipfel gewährt Sonderstatus Noch mehr Deutsche im Europaparlament

Edinburgh/Kopenhagen (taz) – Die Krise der EG ist nicht gelöst, nur eingedämmt. Gleichwohl feierten die zwölf Staats- und Regierungschefs ihren zweitägigen Gipfel in Edinburgh als vollen Erfolg. Sie beschlossen am späten Samstag abend, Dänemark ein Ausscheren aus den Maastrichter Verträgen zu gestatten. Damit ist der Weg frei für eine zweite Volksabstimmung. Gleichzeitig fanden sie einen Kompromiß bei der künftigen Finanzierung der EG und einigten sich auf Beitrittsverhandlungen mit Österreich, Schweden und Finnland ab Anfang kommenden Jahres.

Dänemark muß spätestens im Mai eine zweite Volksbefragung einleiten. Die Sonderregelung erlaubt Kopenhagen einen Ausstieg aus der Währungsunion, der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der europäischen Staatsbürgerschaft. Sollte das Land seine Meinung ändern, kann es jederzeit wieder voll an der Europäischen Union teilnehmen.

Der dänische Außenminister Uffe Ellemann-Jensen freute sich: „Wir haben alles bekommen, wonach wir gefragt haben.“ Er rechne mit einer Mehrheit von rund 60 Prozent bei einer zweiten Abstimmung. Die Organisationen, welche für die dänische Volksabstimmung am 2. Juni ein „Nein“ empfohlen hatten, halten hingegen an ihrer Ablehnung fest. Die Sozialistische Volkspartei sieht in dem Edinburgher Kompromiß wesentliche Forderungen nicht berücksichtigt. Zum einen gälten die Ausnahmen nur für Dänemark, zum zweiten sei die Ausnahmestellung Dänemarks nur bis 1996 begrenzt, und zum dritten käme nicht klar zum Ausdruck, daß Dänemark die politische Zielsetzung der Europäischen Union grundsätzlich ablehne.

John Major erklärte, daß London den Vertrag „so schnell wie möglich“ nach Dänemark ratifizieren werde. Allerdings könne er keinen festen Termin nennen, da das britische Parlament das Abkommen „Satz für Satz und Absatz für Absatz“ erörtern werde.

Der französische Staatspräsident François Mitterrand warnte vorsorglich, daß bei einem zweiten dänischen „Nein“ und einem Scheitern der Ratifizierung in Großbritannien die Europäische Union zu zehnt verwirklicht werde. Helmut Kohl lobte, daß die Gemeinschaft „in einer sehr schwierigen europapolitischen Zeit“ Handlungsfähigkeit nach innen und außen bewiesen habe.

Die SPD-Politikerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erklärte, ihre Partei habe das Entgegenkommen gegenüber Dänemark „mit Erleichterung“ aufgenommen. Ihr widersprach ihr Parteikollege Günter Verheugen, der den dänischen Sonderstatus für eine schwerwiegende Vertragsveränderung hält. Die Parlamente, die die Maastrichter Verträge in der Urfassung ratifiziert hätten, seien von ihren Regierungen getäuscht worden.

Der Haushalt der Gemeinschaft soll bis 1999 von derzeit 128 Milliarden Mark schrittweise um rund 20 Prozent ausgeweitet werden. Spanien, Portugal, Griechenland und Irland erhalten rund 30 Milliarden Mark zur Förderung ihrer Wirtschaft. Kohl erklärte, daß die neuen Bundesländer im Gegenzug zu den deutschen Mehrbelastungen zwischen 20 und 30 Milliarden Mark erhalten würden.

Deutschland wird künftig 18 Abgeordnete mehr und damit insgesamt 99 Parlamentarier in das Europaparlament entsenden. Seiten 3 und 10