US-Truppenabzug als Chance

■ Bremerhaven soll zivil werden / Neues Gutachten des Magistrats

Die Amis ziehen ab und Bremerhaven ächzt: Handwerk und der Bauwirtschaft fürchten, daß ihnen Aufträge über 80 Millionen Mark pro Jahr fehlen, die Einzelhändler trauern Umsätzen in Höhe von 18 Millionen Mark nach, gut 1.250 Zivilbeschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz.

Trotzdem kein Grund für die Stadtgemeinde, den Kopf hängen zu lassen, sagt der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel. Im Auftrag des Magistrats hat er herausgefunden: Wenn das freiwerdende Kasernengebiet am Hafen richtig ausgenutzt wird, hat Bremerhaven die Chance, den Truppenabzug durch neue zivile Wirtschaftszweige auszugleichen. Kernidee des Gutachtens: Die Truppenangehörigen bringen nicht nur Umsatz, sie kosten auch, „vor allem in Form entgangener wirtschaftlicher Aktivitäten und damit entgangener Einkommen durch die Verhinderung zivil-wirtschaftlichen Nutzung der kostenlos der US-Army zur Verfügung gestellten Liegenschaften“.

Das Kasernengelände soll künftig Geld einbringen. Hickels Voschlag: Eine „optimierende Mischnutzung des Geländes, die Raum schafft für hafenbezogene Wirtschaftsaktivitäten, Gewerbeansiedlung, mittelständische Betreibe, Unternehmensneugründungen in einem Technologiezentrum, praxisorientierte Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie für ein Güterverteilzentrum und eine Neugestaltung der Verkehrsführung.“ Das bringt Arbeitsplätze, das bringt Steuern für die Kommune. Nur so könnten Strukturdefizite in Bremerhaven überwunden und die Lage des Gebietes als Schnittstelle zwischen See- und Landweg genutzt werden. Hickels Vorschlag richtet sich ausdrücklich gegen das Vorhaben von Hafensenator Uwe Beckmeyer (SPD), auf dem Kasernengebiet ein neues Distributionszentrum für Hafengüter anzulegen. Eine solche Nutzung werde den spezifischen Anforderungen der Kommune nicht gerecht. Wirtschaftsstadtrat Lenz wird es im Genugtuung vernommen haben: „Der Vorschlag, einen Gewerbe- und Technologiepark zu schaffen, weist in die richtige Richtung.“

Außerdem seien die Konsequenzen des Truppenabzugs für die Hafenwirtschaft bislang zu drastisch eingeschätzt worden. Bei der BLG mache der amerikanische Umschlag nur drei Prozent aus, eine verbleibende Transporteinheit sichere 120 zivile Arbeitsplätze und einen Beschäftigungeffekt von ca 700 Arbeitsplätzen in der Hafenwirtschaft. Von den insgesamt 1.250 Zivilbeschäftigten hätten bereits 200 eine neue Arbeit gefunden, 120 können über den Vorruhestand in Rente gehen. Für die verbleibenden 800 Zivilbeschäftigten fordert Hickel umfangreiche Fort- und Umschulungsprogramme, die über europäische Fonds finanziert werden sollen: Bremerhaven als europäisches Pilotprojekt, die Konversion einer ganzen Region. mad