Niederlassung unter Protest eröffnet

■ Anti-kommunistische Vietnamesen sangen gegen den Botschafter

Eine Demonstration begleitete die Eröffnung der weltweit ersten vietnamesischen Handelsniederlassung gestern im „World- Trade-Center“. In Erwartung des Botschafters der Volksrepublik Vietnam hatte sich nicht nur die Feiergesellschaft eingestellt. Auch rund 30, in Bremen und umzu lebende VietnamesInnen waren erschienen, um den Botschafter in ihrem Sinne kritisch zu begrüßen. Unter feierlichem Absingen der alten südvietnamesischen Nationalhymne und gelb-roter Beflaggung der vorkommunistischen Aera demonstrierten sie für Menschenrechte und Demokratie in Vietnam.

Scherf für „zivilen Umgang“

Wie aktuell das Anliegen der Demonstrierenden ist, erläuterte Hong Huang: „Einige von uns haben einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Für sie ist es undenkbar, unter dem Regime von Hanoi zu leben. Das Auslaufen der Duldungsverträge für diejenigen unter uns, die noch über alte Arbeitsverträge mit der DDR hierher kamen, bereitet uns große Sorgen!“

Im Vortragssaal II des World- Trade-Centers am Hillmannplatz dagegen herrschte Zufriedenheit. Als „Brücke zu Europa“ wurde die erste vietnamesische Handelsniederlassung in Europa, „Tocontap Handels-GmbH“, Tochter einer staatlichen Gesellschaft, in Bremen begrüßt. Wie langfristig allerdings dieses Engagement sein wird, bleibt abzuwarten, wenn die Mietfreiheit im April 1994 ausläuft. Als Vertreter des Senats und „vertraut mit den Problemen der vietnamesischen Wirtschaft“ gratulierte Bildungssenator Henning Scherf. Er versicherte den Botschafter des „Schutzes vor Gewalt“ von Demonstrierenden. Gleichzeitig verzichtete er nicht auf eine kritische Anspielung auf die politischen Verhältnisse in Vietnam, indem er sich als „Gastgeber für Flüchtlinge“ zu erkennen gab, der sich „für einen friedlichen, zivilen Umgang in unserem Lande“ einsetzt. ede