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■ Das PortraitKlaus Knizia

foto nr. 3

Foto: J.H. Darchinger

Ein Fossil der bundesdeutschen Energiewirtschaft tritt ab: Professor Klaus Knizia, 18 Jahre lang Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW) in Dortmund (bundesweit der viertgrößte Stromkonzern), wird am Jahresende in den Ruhestand treten. Mit Knizia, der 1958 für eine 27seitige Arbeit zum Thema „Die Ermittlung des optimalen Wirkungsgrades von Hochdruck-Hochtemperatur-Dampfkraftprozessen“ seinen ersten Doktortitel erhielt, tritt einer der markantesten Befürworter der Atomkraft von der energiepolitischen Bühne ab.

Die Hochtemperaturprozesse hatten es dem Kind des Ruhrgebietes angetan. Knizias Name steht für den Bau des Thorium-Hochtemperaturreaktors (THTR 300) in Hamm-Uentrop. Dieser Meiler stand lange für die technische Umsetzung des Kohle- Kernenergie-Kompromisses: Mit der nuklearen Prozeßwärme des THTR sollte, so die technokratischen Optimisten, Steinkohle vergast werden können. Obwohl bis zur Stillegung 1989 nicht ein Gramm Kohle verflüssigt wurde, reichte dieser Propagandatrick aus, um die Kohlegewerkschaft IGBE auf Atomenergiekurs zu halten.

4,5 Milliarden Mark hat die THTR-Pleite die Steuerzahler gekostet. Viel Geld hat Knizias Arbeitgeber eine andere Fehlentscheidung gekostet. Innerhalb von zehn Jahren hatte der Konzernherr die VEW-Kraftwerke von Kohle auf Erdgas und dann wieder auf Kohle umrüsten lassen – den Preis dafür zahlten die Stromkunden.

Groß mußte das Projekt sein, mit Kleinkram gab sich der Konzernchef ungern ab: „Mit Abgasen aus einem Kuhstall kann man zwar vielleicht eine Kochstelle in einem israelischen Kibbuz, aber keine Walzstraße in Dortmund betreiben.“

Um Sprüche wie diesen ist Knizia nie verlegen gewesen. Der Hobbyphilosoph fand auch Zeit, mehrere dickbändige Bücher zu schreiben. Obgleich es der Schopenhauer- Freund schreibend mit dem Griechen Plato hält (Motto: Der von natürlichen Zwängen befreite Mensch soll philosophisch erzogen und damit urteilsfähig werden), setzte Knizia weiter kompromißlos auf die Atomkraft. Eine Energiewende ohne Atom vergleicht Knizia heute mit „den Träumen eines im Wohlstand lebenden Menschen über die Schönheit einer Robinsonade“. Der Mann hat jetzt Zeit für die Insel. Kurt Berlo

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