Milosevic siegt - die Nato berät

■ Militärische Durchsetzung des Flugverbots über Bosnien nach dem Wahlsieg des serbischen Präsidenten? / Rechtsextreme erhielten angeblich 30 Prozent der Stimmen bei Parlamentswahlen

Brüssel/Belgrad (AP/dpa/wps) Die 16 Staaten der Nato sind gestern in Brüssel zu Beratungen über eine militärische Durchsetzung des UNO-Flugverbots über Bosnien zusammengetreten. Die Sitzung stand im Zeichen des sich abzeichnenden Wahlsieges des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, der als Urheber serbischer Expansionspolitik gilt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichen nach Angaben aus Nato- Kreisen vom Abschuß serbischer Flugzeuge bis zur Bombardierung serbischer Flugplätze. Um eine Auflistung von Mitteln zur Durchsetzung der gegen die Armee der bosnischen Serben gerichteten Sanktion hatte UNO-Generalsekretär Butros Ghali gebeten.

Serbiens Präsident Milošević hat nach den bisher vorliegenden Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen nun doch einen klaren Sieg errungen. Nach Auszählung von knapp einem Viertel der Wahlzettel konnte er 55,93 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, teilte die Wahlkommission gestern mit. Sein Rivale Milan Panić kam diesen Angaben zufolge nur auf 34,36 Prozent der Stimmen. Das von den Sozialisten Milošević' kontrollierte Fernsehen hatte bereits am Montag abend den Sieg Milošević' verkündet. Er habe 2.335.460 Stimmen erhalten, Panić nur 1.463.398. Die hinter Panić stehende Oppositionsbewegung Depos dagegen, die ein eigenes Auszählungssystem eingerichtet hat, gab am Dienstag morgen bekannt, nach der Auszählung von sieben Prozent der Stimmen habe kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht.

Ausländische Beobachter hatten von massiven Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen berichtet, in denen in Montenegro und Serbien neue Parlamente, neue Präsidenten sowie das Bundesparlament Rest-Jugoslawiens gewählt wurde, das nur noch aus den beiden Republiken besteht. Nach Ansicht der Wahlbeobachter der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) könnten die Unregelmäßigkeiten das Ergebnis um fünf bis zehn Prozent beeinflussen.

„Wir müssen warten, bis die Endergebnisse verkündet werden“, sagte ein ausländischer Wahlbeobachter. Ein Endergebnis wird aber nicht vor dem 24. Dezember erwartet. Bis dahin werden die meisten Wahlbeobachter wieder nach Hause gefahren sein.

Bei den Parlamentswahlen hat die rechtsextreme Radikale Partei unter Vojislav Šešelj – der für die Massendeportation von Angehörigen ethnischer Minderheiten und politischer Oppositionsgruppen aus Serbien eintritt – nach ersten Berechnungen bis zu 30 Prozent errungen. Auch Zeljko Raznatovic, der als „Arkan“ bekannte Führer einer brutalen serbischen Miliz, schnitt offenbar gut ab. Er will die mehrheitlich von Albanern bewohnte Kosovo-Region im Parlament vertreten.