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Olympia-See gesucht

■ Templiner See ist nicht geeignet

Berlin (dpa/taz) – Die Berliner Kabaretts werden langsam aber sicher arbeitslos. Die Berliner Olympia GmbH und ihr bedauernswerter Geschäftsführer Axel Nawrocki liefern schon die nächste realsatirische Posse ab. Gesucht wird ein geeigneter See, auf dem die Ruderer und Kanuten im Jahr 2000 schwitzen können. Der internationale Ruder-Verband FISA hatte sich in einem Schreiben vom 15. Oktober gegen den Templiner See ausgesprochen. Gründe für die Ablehnung seien ungünstige Strömungen, schlechte Wasserqualität sowie einfallende Winde.

In der offiziellen Berliner Bewerbungsschrift, die bis zum 1. Februar 1993 beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) vorliegen muß, wird das inkriminierte Gewässer in Brandenburg „aus drucktechnischen Gründen“ (Nawrocki) allerdings noch als Austragungsstätte auftauchen. Im Falle eines Zuschlags werden die internationalen Verbände und Berlin aber nach einer besseren Lösung suchen.

„Aber wir weisen im Anhang darauf hin, daß wir gemeinsam weitere Möglichkeiten studieren“, erklärte Nawrocki. „Dies haben wir dem Internationalen Kanu- und Ruderverband mitgeteilt.“ Eigentlich schienen sich beide Verbände und Berlin über den Templiner See bereits einig zu sein, dann meldeten Denis Oswald, der Präsident des Internationalen Ruderverbandes (FISA) und zugleich IOC-Mitglied ist, die erheblichen Bedenken an.

„Die Berliner kennen unsere Gründe“, erklärte Oswald. Vor allem Wind und Strömung sprächen sowohl gegen den Templiner See als auch gegen die Regattastrecke von Grünau. Außerdem sei der Ausbau des Templiner Sees viel zu teuer und gewährleiste auch danach keine guten Bedingungen.

Die FISA würde gern den Sacrower See als olympische Wettkampfstätte sehen, doch sprechen vor allem fehlende Infrastruktur und Umweltschutz dagegen. „Der Rotsee in Luzern liegt ebenfalls in einem Naturschutzgebiet und wird nur zweimal im Jahr für Regatten freigegeben. Eine ähnliche Lösung wäre sicher auch für Berlin möglich“, sagte Oswald, der selbst bereits den Sacrower See besichtigt hatte. „Wir haben enge Beziehungen zum künftigen Organisationskomitee, die Berliner kennen unseren Standpunkt.“

„Das wird noch Ärger geben“, meint Michael Müller, Leistungssportreferent beim Deutschen Ruderverband (DRV), zum organisatorischen Gewürge. Er verweist auf die Misere Berlins in Sachen Rudern allgemein: „Seit der Vereinigung gab es keine große Regatta in Berlin, die Weltelite kommt da nicht mehr hin.“ Müller kann sich sogar eine Auslagerung der Kanu- und Ruderwettbewerbe nach München, Duisburg oder Köln vorstellen. „Es ist natürlich verständlich, daß im Berliner Umland eine Lösung gesucht wird, aber ohne Einsatz von erheblichen Kostenaufwand genügt keine Strecke olympischen Ansprüchen.“

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