Unterm Strich

Der postweihnachtliche Müßiggang in den Presseagenturen täuscht nicht darüber hinweg, daß bald etwas passieren wird. Vor allem in Potsdam. Der Stadt steht nämlich eine 1000-Jahrfeier bevor. Zu diesem Zweck ist ein Film gedreht worden über Voltaires angenehme Zeit bei dem flötenspielenden Preußenkönig, 1750 bis 1753. Der aufgeklärte Gigant, der seinen Friedrich in Briefen zärtlich einen Adler nannte und sich selbst eine Maus, soll den Zuschauer „beim Gang durch die geschichtsträchtige Stadt in der Jetztzeit“ begleiten. Ist das nicht eine tolle neue Idee? Auch als Video wird der Film zu kaufen sein.

Potsdamer, Ihr habt es zu und zu gut. Ganze 40 Ausstellungen werden in Eurem Garnisonsstädtchen zu sehen sein. Eine davon wird Vicco von Bülow gelten. Den meisten ist der in Brandenburg geborene adelige Quatschmacher unter dem Namen Loriot bekannt. Meistenteils jedoch werden die Ausstellungsbesucher in historische Rückblicke verstrickt. Und das ist gut so, denn irgendwann in seinem Leben muß man die Urkunde vom 3. Juli 993 ja gesehen haben, die sich augenblicklich noch im Landeshauptarchiv Sachsen- Anhalt dem öffentlichen Auge entzieht.

Das jüngste amtliche Mitteilungsblatt der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften verzeichnet wieder eine ganze Menge Schallplatten, Videos, Videospiele und Zeitschrifen, die die Polizei beschlagnahmen soll, sollten ihr diese Objekte in die Hände fallen. Unter den gewaltverherrlichenden Titeln findet sich zunehmend neonazistisches Gedankengut. Unter K finden wir: „Killer im Zeichen der Drachen“, „Killer Instinct“, „Killer-Kralle“ (auch „Tigerkralle“ genannt), „Killer ohne Hände“, „Killerhunde“, „Killermaschine“, „Killerparasit“, „Killerparty“, „Killerspiele“, „Killing American Style“, „Killing Birds“, „Killing Cats“, um nur eine Auswahl zu geben. Nicht alles Verbotene widmet sich dem Töten. Unter O zum Beispiel ist zu finden: „Oase der gefangenen Frauen“, „Obszön – der Fall Peter Herzl“, aber auch „Öldüren Darbe (türk.)“ und „Ölüm Görevi (türk.)“. Ölüm kommt oft vor. Bis dahin können wir die Entscheidungen der Prüfstelle noch nachvollziehen, bei „ApaLang, Fachmagazin für Intimschmuck“ nicht mehr.

Fast 50 Jahre nach seiner Zerstörung soll der Berliner Dom 1993 das insgesamt zweite Mal eingeweiht werden. Dennoch ist Grund zur Enttäuschung geboten. Denn: Trotz 17jähriger Restaurationsarbeiten wird zur Einweihungsfeier am 6.Juni mit 1.600 Gästen nicht alles fertig. Da ging es beim Kaiser schneller, vermeldet dpa leicht düpiert. Innerhalb von 11 Jahren stand der Dom unter WilhelmII. Jetzt bleiben in der Kuppel acht Mosaikgemälde weiter hinter Baugerüsten. Für die Seligpreisungen will eine Münchner Firma 300 Farben mischen. Wenn alles erledigt ist, steht der „Kaiserdom“ heiratswilligen Paaren offen.