„Männliche Dichte“

■ Sieben Bremer Künstlerinnen „um die Jahrhundertwende“ im KITO

Gemälde von Künstlerinnen um die Jahrhundertwende führen in Ausstellungen meist eine Randexistenz. Nicht zuletzt deshalb, weil der Weg zum Künstlerinnenberuf, einem Metier der bürgerlichen Klasse, für Frauen besonders steinig war. So manche Begabung fiel weiblichen Familienpflichten zu Opfer. Umso begrüßenswerter ist die Ausstellung „Hermine Overbeck-Rohte und Bremer Malerinnen um 1900“, die derzeit im Vegesacker KITO zu sehen ist.

Zwischen 1855 bis 1888 in bürgerliche Familien geboren, mußten die sieben Malerinnen, deren Werke ausgestellt sind, für die Verwirklichung ihres Berufswunsches kämpfen. Hermine Overbeck-Rohte, als einzige unter den Malerinnen verheiratet, Toni Elster, Anna Feldhusen, Elisabeth Noltenius, Anna Plate, Margarethe von Reinken und Fanny Retemeyer hatten eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen: Mit starkem Willen und dem Mut, von gesellschaftlichen Vorgaben Abschied zu nehmen, wendeten sie sich ihrer Ausbildung und ihrem Leben als Malerinnen zu. Dazu gehörte das Studium bei berühmten MalerInnen, Aufenthalte an den gerade entstandenen Malschulen der Künstlerinnen-Vereine in München und Karlsruhe, Studienreisen nach Frankreich und Italien. Doch immer wieder kehrten die Frauen in die Nähe ihrer bremischen Familien zurück, denn hier erleichterte der familiäre Hintergrund ihnen eine gewisse berufliche und standesgemäße Anerkennung.

Trotz aller Gemeinsamkeit in Herkunft und gesellschaftlicher Stellung tritt in den Bildern der Malerinnen ihre jeweils ganz eigene Weltsicht zutage. Eigene Entscheidung jeder Künstlerin und gleichzeitig Ausdruck ihrer Arbeitsbedingungen, als wollte sie Material sparen: viele Bilder sind in der Größe bescheiden. Auch die Auswahl der Themen ist klassisch für ihre Zeit: Stilleben, Natur- und Landschaftsmalerei, Ansichten von bremischen Szenen, Portraits.

Neben den Werken Hermine Overbeck-Rohtes sind die Arbeiten Toni Elsters auf den ersten Blick herausragend. Sie überwand die Vorgaben von Bescheidenheit und weiblicher Zurückhaltung. In ihren Landschaftsbildern auf großer Leinwand liegt ihre besondere Stärke. Nicht nur, daß sie die Natur, in der Ansicht eines Flußes und seiner geschäumt-weißen Gischt zum Beispiel, in elementarer Kraft darstellt — sie setzt ihr Thema auch technisch entsprechend um. Mit kräftiger Linienführung interpretiert sie und unterstreicht in Öl die Stärke ihres eigenen Empfindens.

„Männliche Dichte“ gestanden zeitgenössische Kritiker ihrer Arbeit zu. Auch Elsters Lebensweg war ungewöhnlich. Erst 1897, bereits 36 Jahre alt, begann sie ihre Ausbildung als Malerin. Schon ab 1904 stellte sie regelmäßig in großen deutschen Städten aus. In Bremen erfuhr sie ihre erste Würdigung erst 1924 in der Kunsthalle.

ede

KITO Vegesack, Öffnungszeiten: Sa., So. Mi.: 11-18 Uhr Di., Do. 11-16 Uhr, bis März; Führung von Hermine Roth- Overbecks Enkelin: Sonntags um 11.30 Uhr; bis März