■ Das Portrait
: Cyrus Vance

Nr. 17

Die Flugstrecke Genf – Zagreb – Belgrad und zurück kennt Cyrus Vance inzwischen so gut wie andere ihren täglichen Gang zum Zeitungskiosk – so oft ist er sie in den vier Monaten seit Eröffnung der Jugoslawienkonferenz am 7. September geflogen. Manchmal inklusive Abstecher nach Sarajevo. Fast immer warf er bei seiner Rückkehr von schwierigen Gesprächen mit Milošević, Tudjman, Karadžić, Ćosić oder Izetbegović den am Flughafen Cointron wartenden Journalisten ein paar optimistisch klingende Brocken hin. Mittwoch nacht, als er von seinem möglicherweise letzten Trip Rest-Jugoslawiens zurückkehrte, verdrückte er sich jedoch ohne ein Wort und mit müdem Gesicht in die wartende Limousine. „Cy“, wie er von seinem Co-Vermittler Owen genannt wird, scheint zu ahnen, daß er seine bislang eindrucksvolle Karriere als Vermittler mit einem großen Mißerfolg beenden könnte.“

Trouble-shooter der US- Regierung während der Unruhen 1964 in Panama sowie ein Jahr später in Santo Domingo; 1967 Vermittler im Zypernkonflikt sowie 1968 zweiter Delegationsleiter bei den Pariser Vietnamgesprächen; 1979 als Außenminister unter Präsident Jimmy Carter wesentlich beteiligt an der Aushandlung des Camp- David-Abkommens zwischen Ägypten und Israel – das sind nur einige Stationen.

Carters gescheiterte Militäraktion zur Geiselbefreiung im Iran, die gegen den Willen von Vance erfolgte, führte zu beider Abtritt von der politischen Bühne im Jahr 1980. Warum der damals fast 74jährige sich 1991 von UNO-Generalsekretär Butros Ghali zum Sonderbeauftragten für Jugoslawien remobilisieren ließ, darüber wird noch immer kräftig spekuliert. Zumal Vance in den letzten Wochen mit den physischen Anstrengungen auch immer schwieriger fertig wurde. Anders als für den Co-Vermittler Owen dürfte er schließlich kaum auf eine Neuaufnahme seiner politischen Laufbahn gedacht haben. Hatte er die Aufgabe, die Interessen der Bush-Administration in dem Konflikt auf dem Balkan wahrzunehmen? Für diese Version gibt es einige Hinweise. Vielleicht wird Vance seine 1983 erschienene Autobiographie (Hard Choices) ja demnächst um ein Jugoslawienkapitel erweitern und die Antworten liefern. Andreas Zumach