Schräge Klänge, berühmte Köpfe

■ Klangskulpturen und Europa-Porträts im Museum für Kunst und Gewerbe

und Europa-Porträts im Museum für Kunst und Gewerbe

Das Reiben mit nassen Händen an Plexiglasstäben erzeugt den Klang introvertiert gespielter Blechbläser. Daneben klingelt ein kleiner Brunnen in höchsten Tönen, und wenn Klangingenieur Bernard Baschet dann noch mit einem Klöppel in eigenartiger Weise einer Spiralfeder gurgelnde Schwingungen entlockt, ist das Konzert der Klangskulpturen perfekt. Gemeinsam mit seinem Bruder Francois hat er 1952 damit begonnen, jene singenden Apparaturen aus Glas und Metall zu konstruieren, die die Kluft zwischen Kunst und Musik schließen sollen. Ab heute sind einige der filigranen Musikinstrumente im Museum für Kunst und Gewerbe ausgestellt und können ausprobiert werden.

Große Klangtrichter neben xylophonartigen Anbauten bestimmen die Ästhetik der ungewöhnlichen Instrumente. Legofarben und schimmernder Glanz mischen sich mit den großen, teils runden, teils flügelartigen Formen der Klangverstärker zu einem Erscheinungsbild, das in seiner dekorativen Art sicherlich Geschmackssache bleibt. Umso berückender sind dafür aber die äußerst variablen Schallerzeugnisse. Ihre abstruse Akustik erinnert oft an synthetische Klangerzeugung, ist aber weit variantenreicher als diese.

Pädagogische Überlegungen, die die beiden Brüder aus ihrer praktischen Arbeit mit Kindern und Schülern herleiten, haben bei vielen der Geräte ebenso eine Rolle gespielt wie der hintergründige Kunstwille. Ein Katalog mit praktischen Bauanleitungen, den man in der Ausstellung erwerben kann, erlaubt es jedem Hobbywerker, seinen eigenen singenden Brunnen zu basteln. Bei einem Konzert am Samstag abend kann man sich dann auch von der musikalischen Verwendungsfähigkeit der aufwendigen Schlag-, Blas- und Streichinstrumente überzeugen.

Gleichzeitig wird heute abend die Fotoausstellung Europa beim Wort genommen von Ingrid von Kruse eröffnet. Gezeigt werden hier 100 Porträts berühmter Europäer, die sich in den letzten Jahren in der unterschiedlichsten Weise um ein Zusammengehen oder -leben der europäischen Staaten bemüht haben. Reaktionäre wie Otto von Habsburg neben demokratischen Sozialisten wie Vaclav Havel, religiöse Eiferer (etwa der russische Geistliche Gleb Jakunin) neben feinsinnigen Philosophen (Claude Levi-Strauss), Staatsmänner in Menge neben Künstlern und Schriftstellern machen die Ausstellung zu einem Sammelsurium, dessen inhaltliche Ausrichtung nicht recht offensichtlich werden will. Beim Pressetermin wollte sich die Künstlerin zu der geistigen und politischen Linie ihrer Arbeit leider nicht explizit äußern. Gefangen im diffusen guten Willen (Zitat: „Ich habe mich nie vorher intensiv mit Politik auseinandergesetzt.“) und erstarrt in Ehrfurcht vor den Porträtierten macht die Präsentation ihrer technisch anspruchslosen Fotografien dann auch mehr den Eindruck einer netten Prominentenschau. Till Briegleb