Effektiver Schulterschluß

■ Ortstermin im Künstlerhaus Stresemannstraße / Ateliers und "kulturnahes Gewerbe" auf 6 000 Quadratmetern geplant

/Ateliers und »kulturnahes Gewerbe« auf 6000 Quadratmetern geplant

Einige Dutzend Räume, Gewerbefläche/Komfortateliers, insges. 6000 Quadratmeter, toprenovierte Fabriketagen, zentrale Lage, Bezug voraussichtlich Ende 93 möglich... Die Rede ist von dem „Objekt“ Stresemannstraße 374, das Vertreter von SPD-Fraktion und Kulturbehörde gestern früh gleichermaßen enthusiastisch als künftiges Künstlerhaus annoncierten. Die Begeisterung erwies sich beim ersten offiziellen Ortstermin, zu dem der Fraktionsvorsitzende und die parteilose Senatorin geladen hatten, als berechtigt.

In der Kantine der ehemaligen Konservenfabrik demonstrierten Elste und Weiss gestern einen effektiven Schulterschluß. Es gehe vor allem darum, so Günter Elste, die „Nachwuchskünstler durch bezahlbare Ateliermieten“ in ihrer Arbeit zu unterstützen. Schließlich dürfe die Stadt, Beispiel Kunstinsel, „nicht nur allein etwas für die etablierte Kunst und die toten Künstler tun“. Und diesem Mann, der Kulturpolitik auf einen so ungemein schlichten Nenner zu bringen versteht, ist das Projekt zu einem guten Teil zu verdanken.

Neben rund 20 Ateliers auf zwei Dritteln der Fläche sollen in dem dreiteiligen Gebäude auch Büros und Arbeitsräume für Architekten, Designer, Fotografen, Theatergruppen und „kulturnahes Gewerbe“ wie etwa Kleinverlage angesiedelt werden. Kurz: „Eine Begegnungsstätte für Kulturschaffende und Kulturinteressierte“ (Elste) sowie für „interdisziplinäre Vielfalt“ (Weiss).

Zwei Millionen Mark hat der Senat im diesjährigen Haushalt für die Renovierung des dreiteiligen Gewerbehofes bereitgestellt. Weitere 2,5 Millionen bringt die Hamburgische Anstalt für Gewerbebauförderung (HaGG) auf. Darüber hinaus fungiert die HaGG als Generalmieterin des Gebäudes, der Vertrag mit dem Eigentümer sei auf 20 Jahre und mit einer Verlängerungsmöglichkeit auf weitere zehn Jahre abgeschlossen, erklärte gestern HaGG-Geschäftsführer Peter Jorzik. Die durchschnittliche Netto- Kaltmiete werde zehn Mark pro Quadratmeter betragen, so Jorzik.

Den „ersten Fall langjähriger Ateliersubvention durch niedrige Mieten“ begrüßte gestern nicht nur Christina Weiss. Allerdings gelte es, noch einen zeitlichen Rahmen für die individuelle Künstlerförderung zu bestimmen, und vor allem auch zu klären, wer von den rund 100 ateliersuchenden Künstlern demnächst in der Stresemannstraße arbeiten kann und darf. Darüber werde, so Weiss, ein Vergabe-Gremium mit Vertretern u.a. des Vereins Ateliers für die Kunst, des Berufsverbands bildender Künstler und der HaGG entscheiden.

Eine Option auf Ateliers haben die Mitglieder der Gemeinschaft Thedekultur, die zum Ende des letzten Jahres aus der alten Schule in der Thedestraße 101 gekündigt wurden, damit bei Günter Elste persönlich vorstellig geworden waren und so die „Initialzündung“ für das neue Künstlerhaus gegeben hatten. Für sie soll, so Peter Jorzik gestern, eine „Übergangslösung“ in der Stresemannstraße eingerichtet werden.

Einiger Fantasie bedurfte es schon, sich beim gestrigen Rundgang durch ein Labyrinth von riesigen, zum Teil deutlich maroden Hallen und schmalen Treppenaufgängen, das neue Hamburger Künstlerhaus fertig vorzustellen. Man darf gespannt sein. Mechthild Bausch