Weltweites Chemiewaffenverbot

Heute geht die Pariser C-Waffen-Konferenz zu Ende/ Über 100 Staaten unterzeichneten Verbotsabkommen/ Auch Mitglieder der Arabischen Liga schlossen sich an  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Noch am Montag hatte die Arabische Liga auf einem Gipfeltreffen in Kairo verkündet, ihre Mitgliedstaaten würden das Chemiewaffen-Verbotsabkommen nicht unterschreiben. Doch bis gestern hatten bereits die Außenminister von Marokko, Algerien, Tunesien, Mauretanien und dem Iran ihre Unterschrift unter das über 400 Seiten starke C-Waffen-Dokument gesetzt.

Fünf weitere Mitgliedsländer wollen dies bis zum Ende der Pariser Konferenz am Freitag noch tun. Insgesamt haben sich bislang bereits über 100 Staaten der Konvention angeschlossen.

Nach 24jährigen Verhandlungen war das Verbotsabkommen von der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz im Herbst 1992 fertiggestellt worden. Die Anfang der Woche formulierte Ablehnung durch die arabischen Staaten war erklärtermaßen nicht gegen den Inhalt des Vertrages gerichtet. Vielmehr sollte Druck auf Israel ausgeübt werden, endlich den Atomwaffensperrvertrag von 1967 zu unterschreiben und sein Atomprogramm den Kontrollen der internationalen Atomenergieorganisation in Wien zu unterwerfen.

Die Unterschrift von mindestens 10 der 22 Mitgliedstaaten der Arabischen Liga unter das C-Waffen-Abkommen ist vor allem eine diplomatische Niederlage für die Regierung in Kairo. Ägypten hatte 1968 als einer der ersten Staaten den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben. Zuvor hatten die USA, Großbritannien und Frankreich Kairo versprochen, dafür zu sorgen, daß auch Israel umgehend unterzeichnet – was bis heute nicht geschehen ist.

Nach einem Bericht der New York Times, der sich auf US-Geheimdienstinformationen stützt, ist Israel inzwischen bereits „die fünftstärkste Atommacht der Welt“. Erst in jüngster Zeit hatte sich die israelische Regierung zu Vereinbarungen über den „gegenseitig kontrollierbaren Verzicht auf atomare, chemische und biologische Massenvernichtungswaffen sowie auf Boden-Boden-Raketen im Rahmen einer umfassenden Nahost-Friedensregelung“ bereit erklärt. Dies erklärte Außenminister Schimon Peres am Mittwoch vor der Pariser Konferenz. Zugleich unterzeichnete Peres das Chemiewaffenabkommen.

Die in letzter Zeit ohnehin nicht mehr sehr große Chance für eine umfassende Nahost-Friedensregelung – und damit für Vereinbarungen über eine Region, frei von Massenvernichtungswaffen – sind nach dem jüngsten Militärschlag der drei Westmächte gegen den Irak weiter gesunken.

Die Bedeutung des Chemiewaffenvertrages würde erheblich geschmälert, wenn einige Mitgliedstaaten der Arabischen Staaten auf Dauer nicht unterschreiben oder gar alle 22 das Abkommen nicht ratifizieren sollten. Unter den mehr als 20 Ländern, die nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste derzeit über Chemiewaffen verfügen oder deren Besitz anstreben, gehören viele zur Arabischen Liga.

Zur Pariser Unterzeichnerkonferenz erschienen bis gestern die Außenminister von 125 der eingeladenen 178 Staaten. Darunter auch China, Pakistan und der Iran, die in der letzten Phase der Genfer Vertragsverhandlungen im August 1992 noch erhebliche Einwände gegen den seit Anfang letzten Jahres vorliegenden Entwurf des Abkommens eingebracht hatten. Der Konferenz fern blieben unter anderen die Außenminister des Irak, Nordkoreas und Vietnams. Eine spätere Unterzeichnung ist jederzeit möglich.

Zwei Jahre nachdem es von mindestens 60 Staaten unterschrieben und ratifiziert worden ist, tritt das Abkommen in Kraft. In der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz wird damit für Mitte 1995 gerechnet.