piwik no script img

Eierwerfer lächelt mit Staatsanwalt

■ Kramer gibt klein bei: Der Eierwerfer will Bundespräsident Weizsäcker nun doch nicht beworfen haben / Verhör beim Staatsanwalt dauerte eine dreiviertel Stunde / Interview mit Kramer

Berlin. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ermittelt zwar gegen Personen, die auf der Großdemonstration am 8. November Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit Eiern beworfen haben sollen – nicht aber wegen Verunglimpfung des Staatsoberhauptes. Diesen Ermittlungen muß „Richie“ zustimmen – über einen vom Bundesanwalt gestellten Antrag will der Präsident kommenden Dienstag entscheiden. Am vergangenen Donnerstag ist nach Kunzelmann der zweite Eierwerfer von der Staatsanwaltschaft vernommen worden. Die taz interviewte den 53jährigen Verleger Bernd Kramer.

taz: Herr Kramer, was wollten die Strafverfolger von Ihnen wissen?

Bernd Kramer: Ob und warum ich geworfen habe.

Ja und? Haben Sie – wie in Ihrem Brief an die FDP-Fraktionsvorsitzende Carola von Braun behauptet – zwei Eier auf den Bundespräsidenten geworfen oder nicht?

Nein.

Ah, ja. Wenn es Ihnen nützlich erscheint, verschicken Sie Selbstbezichtigungsschreiben, wenn Ihnen die Justiz auf die Spur kommt, nehmen Sie alles zurück. Wieso wollen Sie den Bundespräsidenten nicht mehr beworfen haben?

Da ich am 8. November nicht im Lustgarten war, kann ich nicht mit Eiern geworfen haben. Ist doch wohl logisch.

Sie hätten der Staatsanwaltschaft nichts sagen müssen.

Mir geht es darum, daß Carola von Braun am Tag die Eierwerfer als linksfaschistische Chaoten beleidigt hat. Das war das Motiv, den Brief zu schreiben.

Haben Sie das dem Staatsanwalt gesagt?

Selbstverständlich. Wir lächelten beide.

Will der Staatsanwalt jetzt gegen von Braun ermitteln – wegen Beleidigung?

Das sei nicht seine Sache, hat er gesagt, das müßte ich in die Wege leiten.

Werden Sie Anzeige erstatten?

Ich muß mich bei meinem Anwalt schlau machen. Die hat mich ja quasi denunziert...

... wieso, waren Sie doch im Lustgarten?

Man kann doch auch imaginär mit den Leuten ... die Stimmbänder reichen doch nicht aus, den Damen und Herren auf der Tribüne die Meinung zu sagen. Also: Ich bin auf seiten der Eierwerfer.

Wie kann Frau von Braun Sie beleidigen, wenn die Politikerin die Eierwerfer meinte, Sie aber nicht im Lustgarten gewesen sein wollen?

Ich bitte Sie. Nach Rostock ist das doch absurd, die Leute zu denunzieren, die versucht haben, das sogenannte Asylheim zu schützen. Das ist eine Denunziation, die sich gegen Autonome richtet.

Und darüber haben Sie eine dreiviertel Stunde mit dem Staatsanwalt palavert?

Nicht palavert, sondern das habe ich ihm erklärt. Er sagte, das sei meine private Sache, wie ich weiter vorgehe. Frau von Braun bekommt jetzt von mir einen Brief, in dem ich sie frage, ob sie alle Schreiben, die ihr nicht passen, zur Polizei bringt ...

... aber Sie freuen sich doch über die Weitergabe ihres Briefes. Sonst hätten Sie den öffentlichen Wirbel nicht verursachen können.

Natürlich macht das Spaß. Aber die Madame leitet mein Schreiben sofort an die Staatswanwalt weiter, und mir antwortet sie nicht einmal.

Wenn Sie nun keine Eier geworfen haben, haben Sie inzwischen möglicherweise ein anderes Vergehen begangen: Vortäuschen einer Straftat. Wird jetzt deshalb gegen Sie ermittelt?

Das konnte mir der Staatsanwalt nicht sagen.

Während die Polizei versuchte, den Bundespräsidenten vor Eierwürfen zu schützen, wollen Sie in einer Kneipe in Treptow gesessen haben. Kunzelmann will ja nun auch keine Eier mehr geworfen haben. Waren Sie beide gemeinsam einen trinken?

Nein.

Sollte Herr Kunzelmann ein Alibi brauchen, stehen Sie als Zeuge nicht zur Verfügung?

Ich habe im Treptower „Elseneck“ nur ein wunderbares Fußballspiel gesehen. Interview: Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen