Somalia und das schwarze Gold

Vor sechs Jahren begannen US-Firmen in Somalia mit der Suche nach Öl – und wurden schnell fündig/ Nun hilft eine von ihnen bei der US-Militärintervention – kein Zufall  ■ Von Mark Fineman

Mogadischu (wps) – Tief unter der Erde Somalias liegt ein potentieller Schatz. Riesige Erdöl- und Erdgasreserven könnten angezapft werden, sobald die US-Interventionsstreitmacht in Somalia ihren Auftrag erfüllt hat. Dokumente, die der Los Angeles Times vorliegen, belegen: Somalias Diktator Siad Barre vergab vor seinem Sturz im Januar 1991 Konzessionen über fast zwei Drittel des somalischen Staatsgebietes an die amerikanischen Ölriesen Conoco, Amoco, Chevron und Phillips.

Offiziell ist die US-Intervention in Somalia eine rein „humanitäre Mission“, und Sprecher der Ölindustrie haben bisher Vermutungen, daß der der texanischen Ölindustrie nahestehende Präsident Bush auch aus anderen Gründen in dem Land aktiv geworden ist, als „Blödsinn“ zurückgewiesen. Aber mindestens eine Firma ist in guter Position, zur Tat zu schreiten, sobald Somalia befriedet ist: Conoco Inc., die mit ihren Prospektionen in Nordost-Somalia vor Barres Sturz am weitesten vorangekommen war und die als einzige größere Multinationale in den letzten zwei chaotischen Jahren ein Büro in Mogadischu unterhielt. Wenige Tage bevor die ersten US-Marines landeten, erlaubte Conoco die Umwandlung des Büros in eine De-facto-US-Botschaft, wo der Sonderbeauftragte Robert Oakley sein Hauptquartier einrichtete. Der Präsident der somalischen Firmentochter erhielt ein dickes US- Lob für seine Rolle als „Bahnbrecher“ vor der Intervention. John Geybauer, Sprecher für Conoco Oil in Houston, nennt das eine „Geschäftsbeziehung“.

Die meisten Experten lachen, wenn man suggeriert, Somalia könne jemals ein großer Ölexporteur werden. Aber Ölvorkommen bestreitet keiner. „Das Öl ist da – ohne Zweifel“, sagt der oberste Ölingenieur der Weltbank, Thomas O'Connor, der eine gründliche Studie über Ölvorkommen im Golf von Aden zwischen Somalia und Jemen geleitet hat. In der Studie aus dem Jahr 1991 stehen Somalia und Sudan in der Liste möglicher kommerzieller Ölproduzenten Ostafrikas ganz oben. Zwei der drei beteiligten Geologen, ein Amerikaner und ein Ägypter, stellten ihre Recherchen im September 1991 in London vor – neun Probebohrungen in Somalia, die bewiesen, daß die Region „innerhalb des Ölfensters situiert und daher höchst ergiebig für Öl und Gas“ sei. In einem Bericht des dritten Geologe, Z.R. Beydoun, heißt es, Bohrungen auf dem Meeresgrund hätten „die für die Präsenz bedeutender Mengen von Öl und Gas zutreffenden geologischen Parameter“ ergeben.

Verträge mit Siad Barre

Von 1986 an suchten und erhielten Conoco, Amoco, Chevron, Phillips und eine Zeitlang auch Shell Lizenzen zur Ölsuche im Norden Somalias. Bald wurde das Land unter den Gesellschaften aufgeteilt, wobei Conoco, Amoco und Chevron die vielversprechendsten Stellen bekamen. Das Interesse der Ölgesellschaften an Somalia ist somit älter als die Weltbankstudie. Es stützte sich auf eine andere, höchst erfolgreiche Prospektion durch die texanische „Hunt Oil Corp.“ in Jemen. Dort entdeckten Geologen Mitte der 80er Jahre, daß die auf eine Milliarde Barrel geschätzten jemenitischen Ölreserven Teil eines riesigen unterirdischen Tals sind, das bis ins nördliche Somalia reicht. Hunts Ölförderung in Jemen – zur Zeit 200.000 Barrel täglich – und ihre Implikationen entgingen dem damaligen US-Vizepräsidenten Bush nicht: Im April 1986 weihte er die neue Hunt-Raffinerie nahe der jemenitischen Stadt Marib ein. In seiner Rede betonte Bush die Notwendigkeit einer Unterstützung für Anstrengungen von US-Firmen, Ölvorkommen in der Region zu entwickeln und zu schützen.

Von den vier Ölgesellschaften, die zu Zeiten Siad Barres Konzessionen in Somalia erwarben, soll Conoco die einzige sein, die, so Geybauer, ein „Stillhalteabkommen“ mit der nach Barres Sturz gebildeten Interimsregierung unter Ali Mahdi schloß. Nach Industriequellen beriefen sich die anderen Gesellschaften auf „höhere Gewalt“, wonach Krieg sie zwang, ihre Arbeiten aufzugeben und sie zurückkehren würden, wenn Frieden herrscht. „Es wird sehr interessant werden, zu sehen, ob diese Vereinbarungen noch gelten“, sagt Mohammes Jirdeh, ein Geschäftsmann in Mogadischu, der die Verträge kennt. „Was auch immer Siad Barre machte – alle Aufzeichnungen und Verträge verschwanden, nachdem er floh.“