Der zweite Mann

Reinhard Klimmt, 50, duzt sich gerne. Der SPD-Fraktionschef im saarländischen Landtag ist sogar mit seinem CDU-Gegenspieler Peter Jacoby „per du“. Der vertrauensvolle Umgang mit dem Saarbrücker Unterweltkönig Hugo Lacour hat ihn jetzt in die Bredouille gebracht.

Der Vorwurf mindestens fragwürdiger Kumpanei mit dem bekanntesten Schwerverbrecher des Saarlandes trifft nicht nur Klimmt persönlich, sondern auch die saarländische SPD hart. Denn bisher galt Oskar Lafontaines Kronprinz als die moralische Integrationsfigur hinter den Eskapaden des streitbaren Landesvaters. Während Lafontaine etwa in der Asyldebatte schon sehr früh auf CSU-Kurs schwenkte, wehrte Klimmt sich bis zuletzt gegen eine Grundgesetzänderung.

Schon seit fast dreißig Jahren spielt der fünfzigjährige Fußballfan Klimmt Ausputzer für Jongleur Lafontaine: Die Freundschaft begann 1966 im Saarbrücker Uni-Flur. Physikstudent Oskar sagte zu Geschichtsstudent Reinhard: „Bei den Jusos sind doch Neuwahlen. Wir könnten das doch eigentlich machen. Ich mach' den Vorsitz und du den Stellvertreter.“ So kam es dann auch, und auch heute noch ist Lafontaine für Klimmt simply the best. Doch Klimmt gewann Profil als zweiter Mann. Er ist immerhin der einzige in der folgsamen Saar-SPD, der seinem Chef auch einmal ungestraft widersprechen darf. Außerdem sitzt Klimmt der SPD-Medienkommission vor und ist damit auf einem Politikfeld tätig, das sein Gönner nur ab und zu streift.

Da die „Nr.1“ gerne und oft reist, gilt Klimmt an der Saar ohnehin als der Macher, ohne den nichts geht. Die Saarbrücker Zeitung nennt ihn gar den „heimlichen Ministerpräsidenten“. Freunde wie Gegner schätzen an Klimmt seine sachliche Gelassenheit, mit der er sowohl bei Intellektuellen als auch bei Bergleuten Pluspunkte sammelt. Bei Meinungsumfragen rangiert der aus Osnabrück stammende Lehrerssohn direkt hinter dem Landesvater – im Saarland ein dickes Kompliment für einen „Zugereisten“. So sieht sich Klimmt denn selbst auch gerne als „Wandler zwischen den Welten“. Daß er davon auch die Unterwelt nicht ausschließt, ist für Klimmt nicht anstößig. Schließlich habe er nichts Verbotenes getan, sondern dem „lieben Hugo“ nur das mitgeteilt, was dieser auch selbst hätte erfahren können. Doch Duzfreund Lacour hatte wohl mehr erwartet und möglicherweise als Rache die „treue Seele“ Klimmt an den Spiegel „verkauft“... Frank Thewes