Flimm hüllt sich in Schweigen

Schlag für Hamburgs SPD: Thalia-Chef Jürgen Flimm erklärte seinen  ■ Parteiaustritt

Ein Zugpferd hat die SPD verlassen. Jürgen Flimm, Intendant des Thalia-Theaters, seit über 20 Jahren SPD-Mitglied und steter Kämpfer für Minderheiten, erklärte in einem Brief an Partei-Chef Helmuth Frahm seinen Austritt aus der Partei. Den von der Bonner SPD ausgehandelten Kompromiß im Streit um die Änderung des Grundgesetzartikels 16 könne er nicht mittragen, begründete Flimm seinen Schritt. Trotz dieser Entscheidung habe er sich „in der Hamburger SPD gut aufgehoben gefühlt“, heißt es in dem Schreiben.

Im Thalia herrschte gestern Funkstille zu diesem Thema. Flimm stecke in Proben zur neuen Produktion „Die schöne Fremde“ von Klaus Pohl und sei nicht zu sprechen, so die Pressesprecherin des Theaters, Uli Stephan; im übrigen sei, was dieses Thema betreffe, nicht mit Statements zu rechnen. Sollte es dabei bleiben, ist das verständlich, da Parteizugehörigkeit schließlich Privatsache ist. Andererseits überrascht der stille Abschied im Vergleich zum Austritt des Schriftstellers Günter Grass, der im Dezember 1992 seine Abkehr von der SPD öffentlich machte, um ein politisches Zeichen zu setzen. SPD-Chef Frahm, der den Austritt bedauert, aber Flimms kritische Haltung respektiere, sagte gegenüber der taz, der Thalia-Chef habe in seinem Brief darauf verzichtet, den moralischen Zeigefinger

1auf die Partei zu richten. Für den Dialog zwischen der SPD mit Künstlern und Intellektuellen ist Frahm weiter optimistisch: Der „Pakt der Vernunft gegen Rassismus“ sei wichtiger denn je.

Es habe Austritte wegen der Asyldebatte gegeben, erklärte SPD- Geschäftsführer Werner Löwe. Den einen ginge die Kompromißbereitschaft der SPD zu weit, den anderen wieder nicht weit genug. Von einer „Austrittswelle“ könne man trotzdem nicht sprechen, da sei man aus den Zeiten der Diätendebatten ganz anderes gewöhnt. Gerüchte, der SPD-Bundestagsabgeordnete Freimut Duve trage sich mit Austrittsgedanken, bezeichnete Löwe als „sicher falsch“. jk