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Bißchen Stolz, viel Sorge

■ Bei Mercedes rollte der 250.000ste / Kurzarbeit Hauptthema

Bißchen Stolz, viel Sorge

Bei Mercedes rollte der 250.000ste / Kurzarbeit Hauptthema

Alle Räder standen zwar still, aber kein einziges Band, als gestern gegen 10.40 Uhr in der Bremer Montagehalle 3 bei Mercedes von dem ruhig wartenden Geheimnis eine bettuchartige Hülle weggezupft wurde: der 250.000.PKW, T-Serie, war vom Band gelaufen und bekam ein friedhofsgärtnerisches Blumengebinde in Rot auf den Kühler. Die Enthüllung: zufällig ein leibhaftiges Taxi, elfenbeinern, und als 5-Zylinder doch noch viel teurer, als diese Modelle um die 70.000 Mark ohnehin schon sind. Durst haben die auf 8-10 Liter Diesel oder 10-12 Liter Super.

Hauptthema der Reden war aber nicht der frohe Anlaß, sondern die Kurzarbeit, die nicht nur in Bremen läuft. „Wir versuchen, so die kurzfristigen Einbußen zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten“, erklärte Rudolf Stark, kaufmännischer Leiter, „im Februar sind weitere sieben Tage geplant, und wir hoffen, es dabei belassen zu können.“ Jeder dritte Mercedes auf den Straßen, so Stark stolz, kommt inzwischen aus dem Bremer Werk.

Düster sieht es aus, wenn 1996 die Nachfolger dieser Serie nicht mehr in Bremen gebaut werden. Um 2.500 Arbeitsplätze hängen dran. Und ob Bremen den Zuschlag bekommt für den „Roadster“, den 2-Sitzer als Cabrio oder Coupe, das ist gut möglich, aber noch offen. In- und ausländische Standort-Mitbewerber stehen Schlange.

Einige Arbeiter, die in ihren Blaumännern begehrte Fotobjekte für die Presse waren, machten über ihre Zukunft untereinander Witze: „Ob wir in drei Jahren hier auch noch ein Gruppenfoto machen? Oder auf dem Arbeitsamt?“ S.P.

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